Bauzinsen Aktuell Teil 2
Wohin geht die Reise bei Immobilienkrediten?
München, 21.03.2023 | 09:18 | bze
Im vergangenen Monat wollten wir von den Experten Robert Annabrunner der Deutschen Bank, Thomas Hein von der ING und Ingo Foitzik von CHECK24 wissen, wohin sich die Zinsen für Baufinanzierungen in 2023 bewegen werden. In dieser Ausgabe von Bauzinsen Aktuell haben wir gefragt, worauf sich Mieter und Kapitalanleger einstellen sollten, was zu tun ist, wenn der feste Zinssatz für die Baufinanzierung ausläuft und welche Zinsbindungen für Immobilienfinanzierer im derzeitigen Auf und Ab überhaupt interessant sind:
Der Druck auf den Mietmarkt steigt. Was für Mieter härtere Zeiten bedeutet, könnte auf der anderen Seite für Kapitalanleger eine interessante Ertragsaussicht darstellen. Womit rechnen Sie in den kommenden Monaten?
Ingo Foitzik, CHECK24: Mieten bleibt teuer und wird eher noch teurer. Neubauaktivitäten sind nicht zuletzt aufgrund gestiegener Baukosten auf einem niedrigen Niveau. Das viel zu geringe Angebot trifft somit weiterhin auf eine zu hohe Nachfrage, sodass sich daran auch erst einmal nichts ändern wird. Zudem können sich einige Interessenten von Eigentum durch die gestiegenen Zinsen für Immobilienkredite und nicht zuletzt an gestiegene Anforderungen der Banken an das vorhandene Eigenkapital keine Immobilie mehr leisten und verknappen dadurch den Mietmarkt zusätzlich.Thomas Hein, ING: Im Moment sehen wir vor allem auch bedingt durch die Zuwanderung, dass Mietwohnungen sehr gefragt sind – und dass die Mieten entsprechend steigen. Solange der (auch soziale) Wohnungsbau hier nicht nachzieht, ist mit einer Mietwohnung als Kapitalanlage natürlich eine interessante Rendite zu erzielen. Allerdings sollten die anstehenden und aktuell auch steigenden Kosten für Renovierung, Sanierung oder Neubau nicht vergessen werden. Je nachdem, wie sich dieser Faktor entwickelt beziehungsweise auch wie die staatlichen Förderungen greifen, ist die Rendite dann vielleicht nicht mehr ganz so attraktiv.
Robert Annabrunner, Deutsche Bank: Der Zinsanstieg hat dazu geführt, dass viele ihre Kaufabsichten verschoben oder ganz aufgegeben haben. Dadurch bleibt die Nachfrage nach Mietwohnungen ungebrochen hoch. Trotz strikter Regulierung z. B. durch Mietspiegel oder lokale Mietpreisbremsen könnten die Mieten noch weiter kräftig zulegen. Laut Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) sind die Neuvertragsmieten von Mehrfamilienhäusern in Deutschland in den Metropolen bereits um rund 4,5 Prozent im Jahresdurchschnitt gestiegen. Auch die Bestandsmieten könnten künftig stärker steigen als in der Vergangenheit. So hat sich in den letzten Jahren der Abstand zwischen Bestandsmieten und den Preisen bei Neuvermietungen vergrößert, was den Druck auf die Bestandsmieten erhöht. Daher wäre es keine Überraschung, wenn durch diesen und andere Faktoren die Bestandsmieten künftig mit deutlich mehr als zwei Prozent pro Jahr zulegen.
Läuft die Zinsbindung für bestehende Baufinanzierungen in nächster Zeit aus, steht eine Anschlussfinanzierung an. Viele Kunden sind im derzeitigen Zinsumfeld verunsichert, was jetzt die beste Lösung für sie ist. Was raten Sie diesen Kunden?
Robert Annabrunner, Deutsche Bank: Es ist richtig und auch wichtig, sich frühzeitig vor Auslaufen des Darlehens zu informieren. Wie hoch sind die aktuellen Zinssätze? Wie sehen die Zinsprognosen der Fachleute aus? Lohnt sich der Abschluss eines Forward-Darlehens? Auch wenn die Prolongation erst in zwei oder drei Jahren ansteht, sollte man bereits verschiedene Angebote für die Anschlussfinanzierung einholen und in Ruhe vergleichen. Aber auch hier gilt: Die regelmäßige Information verbessert die Entscheidungsgrundlage. Ob man schon drei Jahre vorher ein Ablösedarlehen abschließt oder erst wenige Monate vor dem Auslaufen des Darlehens, ist von der Einschätzung der Zinsentwicklung und auch ein wenig von der persönlichen Risikobereitschaft abhängig.Ingo Foitzik, CHECK24: Die Zinsen für die Baufinanzierung oder das Ablaufdatum der Sollzinsbindung können Kunden nur bedingt oder gar nicht beeinflussen. Was sie hingegen tun können, vor allem wenn es um die Anschlussfinanzierung geht, ist es, sich frühzeitig darum zu kümmern. Sie können sich rechtzeitig zum Beispiel über den CHECK24 Baufinanzierungsvergleich mit einem unserer kompetenten Kundenberater in Verbindung setzen und ihre Finanzierungsoptionen durchsprechen und durchrechnen. Dann gilt es mehrere Angebote in Ruhe zu vergleichen und sich dann für das beste Angebot zu entscheiden. Die Anschlussfinanzierung wird so in die eigenen Hände genommen und kann sogar an die aktuelle Lebenssituation angepasst werden. Steht eine Modernisierung an? Entsprechen das Einkommen und die regelmäßigen Ausgaben noch dem Stand von vor zehn oder 20 Jahren, als die Baufinanzierung abgeschlossen wurde? Daraus kann sich mehr Spielraum bei der Höhe der Raten ergeben oder Sondertilgungsoptionen können durchgesprochen werden, welche die Restschuld verringern. Und bei der aktuellen Volatilität der Zinssätze ist es wichtig, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen.
Thomas Hein, ING: Das hängt von der individuellen Lebenssituation ab und davon, welche Zinserwartung die Kundin oder der Kunde hat. Ist man eher ein optimistischer Typ und geht davon aus, dass die Zinsen bald wieder fallen, dann sollte man mit der Anschlussfinanzierung erst einmal abwarten. Ist man eher ein sicherheitsorientierter Typ, macht es eher Sinn, sich die aktuellen Zinsen auf längere Zeit zu sichern. Die einzig wahre Lösung gab und gibt es hier einfach nicht. Hier ist auch eine nachhaltige Beratung gefragt.
Welche Zinsbindung empfehlen Sie aktuell?
Thomas Hein, ING: Auch das ist von der individuellen Situation abhängig. Will ich viel Sicherheit haben und kann ich mir die aktuelle Rate gut leisten, würde ich eine Zinsbindung von 10 oder 15 Jahren, ja sogar 20 Jahren wählen. Habe ich dagegen vielleicht ein Erbe zu erwarten, die Auszahlung einer Lebensversicherung oder eines Bausparvertrags, dann würde ich die Zinsbindung entsprechend kürzer wählen und das Darlehen lieber schneller tilgen. Natürlich spielen auch die Entwicklung der Weltwirtschaft, die künftige Lieferkettensituation und damit eventuell verbundene Preissteigerungen, der Krieg in der Ukraine und das Verhalten der Energiekosten bei der Zinsbindungs-Entscheidung eine Rolle.Robert Annabrunner, Deutsche Bank: Da haben wir eine ganz klare Empfehlung. Die Laufzeit sollte mindestens zehn Jahre betragen, für sicherheitsorientierte Kunden dürfen es auch gerne 15 Jahre sein - zumal der Abstand bei den Konditionen aktuell zwischen zehn und 15 Jahren gering ist.
Ingo Foitzik, CHECK24: Je länger Kunden ihre Zinsbindung wählen, desto höher ist der Zinssatz. Generell sollte die Sollzinsbindung von eher sicherheitsorientierten Finanzierern so lange wie möglich mit der Bank vereinbart werden. Kunden haben nach zehn Jahren ein Sonderkündigungsrecht und können, anders als die Bank, ihre Baufinanzierung vorzeitig nach zehn Jahren kündigen und neu verhandeln. Gerade jetzt, wo mit eher steigenden Zinssätzen zu rechnen ist, sind Sollzinsbindungen von mindestens zehn Jahren der Standard. Ich würde Kunden aber raten, sich auch längere Zinsbindungen von 15 oder 20 Jahren anzuschauen. Es sei denn, eine Lebens- oder Rentenversicherung wird zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgezahlt und soll als Rückzahlung dienen, dann sollte die Zinsbindung nur bis zu diesem Datum festgezurrt werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
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