Anschlussfinanzierung vor dem Zinsanstieg
Forward-Darlehen nicht überstürzt abschließen
München, 23.01.2017 | 07:33 | nze
Nachdem einige Anbieter die Zinsen für Immobilienkredite erhöht haben, steigt die Nachfrage nach Forward-Darlehen. Unsere Beispielrechnung zeigt, wann sich diese Form der Anschlussfinanzierung lohnt und wann nicht.
Unser Beitrag beantwortet die Frage an einem Beispiel und stellt die Optionen bei der Auswahl der passenden Anschlussfinanzierung einander gegenüber.
So funktioniert ein Forward-Darlehen
Mit einem Forward-Darlehen sichert sich ein Kreditnehmer schon vor Ablauf der Sollzinsbindung eine Anschlussfinanzierung zu derzeitigen Konditionen. Bis zu fünf Jahre vor dem Ende der im laufenden Darlehen vereinbarten Zinsbindungsfrist lässt sich ein solches Darlehen abschließen. Dass sich ein Kreditnehmer dadurch aktuell günstige Zinssätze für die Zukunft sichert, lässt sich der Finanzierungspartner allerdings bezahlen – mit einem Aufschlag auf den Zinssatz für die Anschlussfinanzierung. Darlehensnehmer kostet das in der Regel 0,02 bis 0,04 Prozentpunkte für jeden Monat bis zum Stichtag, dem Ende der Zinsbindungsfrist. Laut einer im vorigen Jahr veröffentlichten Untersuchung der Stiftung Warentest zahlten Darlehensnehmer für ein Forward-Darlehen mit zehn Jahren Zinsbindung und zwei Jahren Vorlaufzeit im Mittel 0,40 Prozentpunkte Zinsaufschlag, bei einem Abschluss vier Jahre im Voraus wurden 0,73 Prozentpunkte fällig. Bei dem Aufschlag handelt es sich nicht um einen einmaligen Betrag – der Kunde zahlt diesen Zinszuschlag über die gesamte künftige Zinsbindung.
Ein Beispiel: Müsste ein Darlehensnehmer aktuell für einen Immobilienkredit einen Zinssatz von 1,35 Prozent zahlen und wollte sich diesen für ein Forward-Darlehen sichern, das er in 36 Monaten benötigt, kann die Bank dafür 36 Mal 0,02 Prozentpunkte, also 0,72 Prozentpunkte aufschlagen. Der Hauskäufer erhält seine Anschlussfinanzierung somit zu einem Zinssatz von 2,07 Prozent – diesen zahlt er über die gesamte Laufzeit der Anschlussfinanzierung, also beispielsweise 15 Jahre.
Während der sogenannten Forward-Periode zwischen Abschluss und Auszahlung sind für ein Forward-Darlehen keine Bereitstellungs- oder Kreditzinsen zu bezahlen. Ein Forward-Darlehen ist typischerweise dann in Erwägung zu ziehen, wenn für die nächsten Monate und Jahre mit steigenden Zinsen zu rechnen ist. Die Kreditsumme des Forward-Darlehens entspricht der Restschuld des Altdarlehens am Ende der Zinsbindungsfrist.
Paar zahlt 100-Quadratmeter-Wohnung für 231.000 Euro ab
In einem Rechenbeispiel stellen wir die Finanzierung einer Eigentumswohnung einmal mit, einmal ohne Forward-Darlehen dar. Das Szenario: Frau und Herr Meyer haben sich vor sieben Jahren eine Wohnung mit 100 Quadratmetern im Süden der Republik gekauft. 2.310 Euro pro Quadratmeter kostete eine neue Eigentumswohnung in dieser Region nach Zahlen der LBS im Frühjahr 2010. Ein Fünftel des Kaufpreises finanzierte Ehepaar Meyer aus angespartem Eigenkapital. Über die verbleibenden 80 Prozent, also 184.800 Euro, nahmen sie einen Immobilienkredit auf. Sie vereinbarten eine Sollzinsbindung von zehn Jahren, ausgezahlt wurde das Darlehen Anfang Januar 2010.2010: Immobiliendarlehen zum Zins von 3,64 Prozent
Ein Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung erhielten die Meyers über CHECK24 Anfang 2010 zum Zinssatz von 3,64 Prozent. Bei einer anfänglichen Tilgung von 2,60 Prozent ergeben sich monatliche Raten von 961 Euro – das können sich die Meyers, Anfang 30 und beide berufstätig, gut leisten. Am Ende der Zinsbindung, also Anfang 2020, beträgt die Restschuld der beiden 126.946 Euro. Bis dahin haben sie 58.022 Euro Zinsen bezahlt.Würden Meyers ihr Baudarlehen anschließend zu diesen Konditionen weiterführen können, würden sie ihren Immobilienkredit bis März 2034 vollständig tilgen – in insgesamt 24 Jahren und drei Monaten. Mehr als 278.000 Euro hätten die beiden bis dahin an ihre Bank zu zahlen, ein Zinsaufwand von 93.527 Euro. Das tun die beiden aber nicht. Meyers haben zwei Alternativen.
Forward-Darlehen: Niedrigzins drei Jahre vorab sichern
Die erste sieht so aus: Das Ehepaar beobachtet seit einiger Zeit die Zinsentwicklung und hat gelesen, dass gegen Ende 2016 bereits einige Finanzierungspartner ihre Zinssätze erhöht haben. Um bis zu 0,55 Prozentpunkte, wie sie aus den Medien und auf Fachportalen erfuhren. Wohlgemerkt: Zuvor waren die Zinsen über längere Zeit gesunken. Doch die Wohnungskäufer befürchten, dass sie die Chance einer günstigen Anschlussfinanzierung verpassen, wenn sie sich diese nicht jetzt sichern. Die Zinsen könnten ja weiter steigen.Daher entscheiden sich Meyers jetzt, drei Jahre vor Auslaufen ihrer Zinsbindungsfrist, für ein Forward-Darlehen. Sie erhalten von einer Bank ein Angebot für eine Anschlussfinanzierung mit 15-jähriger Zinsbindung zur Auszahlung Anfang 2020. Einschließlich des Aufschlags für die 36-monatige Forward-Periode verlangt die Bank 2,09 Prozent Zinsen. Meyers zahlen ihren Kredit laut dieser Anschlussfinanzierung mit monatlichen Raten von 900 Euro in weniger als 14 Jahren komplett ab und sind im August 2033 schuldenfrei. In dieser Zeit fallen für sie Zinszahlungen von 19.081 Euro an. Für eine etwas niedrigere Monatsrate als bei der ersten Finanzierung hat sich das Ehepaar entschieden, weil die Ausgaben mittlerweile durch zwei eigene Kinder gestiegen sind und zudem beide Elternteile für deren Erziehung temporär im Beruf kürzer getreten sind.
Ohne einen monatlichen Aufschlag von 0,02 Prozentpunkten bis zum Ende der Forward-Periode hätte der aktuelle Zinssatz, den die Bank den Meyers jetzt gewährt, bei 1,37 Prozent gelegen. Das Ehepaar bezahlt also dafür, dass es sich diesen Zinssatz für drei Jahre im Voraus sichert, 0,72 Prozentpunkte Aufschlag. Das Forward-Darlehen lohnt sich finanziell also nur dann, wenn die Bauzinsen bis in drei Jahren um mindestens diesen Wert steigen.
Bei diesem Zinsanstieg lohnt sich das Forward-Darlehen
Würden Meyers hingegen Anfang 2020 unter der Annahme eines Zinsanstiegs ohne Forward-Darlehen eine Anschlussfinanzierung mit 15-jähriger Zinsbindung für 1,84 Prozent Zinsen erhalten, würde sie diese bei derselben Monatsrate von 900 Euro bis zum Ende im Mai 2033 eine Zinssumme von 16.400 Euro kosten – und somit 2.681 Euro weniger als das Forward-Darlehen. Gemessen an den Gesamtkosten der Baufinanzierung ist das keine dramatische Mehrausgabe. Aber gelohnt hätte sich das Forward-Darlehen in diesem Fall nicht. Wären die Zinsen hingegen bis in drei Jahren stärker gestiegen und Meyers hätten ihren Anschlusskredit mit 15 Jahren Sollzinsbindung für 2,21 Prozent erhalten, müssten sie bei Raten von monatlich 900 Euro bis zum September 2033 insgesamt 20.416 Euro an Zinsen bezahlen und kämen um 1.335 Euro schlechter weg als mit dem Forward-Darlehen.Das Beispiel zeigt: Ein Forward-Darlehen ist eine Wette auf die zukünftige Zinsentwicklung. Die Käufer erhalten Planungssicherheit für einen sehr langen Zeitraum. Diese Sicherheit bezahlen sie allerdings unter Umständen mit einem Aufschlag auf die Gesamtkosten gegenüber der Alternative, die Anschlussfinanzierung erst nach Auslaufen der Zinsbindungsfrist abzuschließen.
Alternative Berechnung: 2011 gekauft, vier Jahre Vorlaufzeit
Ob und wie sehr sich ein Forward-Darlehen lohnt, hängt stark von der gewählten Vorlaufzeit ab. Hätten die Meyers ihre Wohnung erst 2011 mit einem Kredit mit zehnjähriger Zinsbindungsfrist gekauft, wären es jetzt noch vier Jahre bis zum Auslaufen dieser Periode. Sie müssten also einen Zinsaufschlag für 48 Monate bezahlen. Beispielhaft gerechnet: Im Frühjahr 2011 hätte die Wohnung der Meyers wegen gestiegener Preise laut LBS schon 242.000 Euro gekostet. Abzüglich 20 Prozent Eigenkapitaleinsatz hätten Meyers 193.600 Euro mit einem Darlehen finanzieren müssen. Auch Anfang 2011 hätten sie dieses bei zehn Jahren Zinsbindung für 3,64 Prozent erhalten. Bei derselben Monatsrate von 961 Euro hätten Meyers nach Ablauf der Zinsbindung noch eine Restschuld von 139.597 Euro abzuzahlen. Bis dahin hätten sie 61.904 Euro an Zinsen bezahlt.Das Forward-Darlehen mit vier Jahren Vorlaufzeit bis zum Ende der Zinsbindung Anfang 2021 erhalten Meyers für einen Zinssatz von 2,29 Prozent. Setzt man auch hier monatliche Raten von 900 Euro an, wären Meyers im Juni 2036 schuldenfrei. Sie würden bis dahin 26.333 Euro an Zinsen bezahlen. Die vierjährige Forward-Periode haben die Eheleute bei 0,02 Basispunkten Aufschlag pro Monat mit ganzen 0,96 Prozentpunkten beim Zinssatz bezahlt. Das Forward-Darlehen rechnet sich in diesem Fall also nur, wenn die Zinsen bis in vier Jahren mindestens um knapp einen ganzen Prozentpunkt steigen. Ob es dazu kommt, lässt sich im Moment schwer einschätzen. Schlägt die Bank mehr als 0,02 Prozentpunkte pro Forward-Monat auf, spricht das Ergebnis der Berechnung in diesem Fall noch stärker gegen den Abschluss eines Forward-Darlehens.
Nicht vergessen: mögliche Zusatzkosten beim Bankwechsel
Wer ein Forward-Darlehen bei einer anderen Bank abschließt, bezahlt für die Übertragung der Grundschuld eine Gebühr. Diese fällt unterschiedlich hoch aus, je nachdem, ob es sich um eine Abtretung oder eine Löschung und Neueintragung handelt. Einige Banken übernehmen diese Kosten für Neukunden. Andernfalls muss der Kreditnehmer diese Summe in seine Bewertung darüber mit einbeziehen, ob sich das Forward-Darlehen lohnt oder nicht.Auf der anderen Seite bieten manche Banken Vorlaufzeiten ohne einen Forward-Aufschlag an. Wer sich dort eine Anschlussfinanzierung beispielsweise sechs Monate vor Auslaufen der Sollzinsbindung sichert, dem wird kein Zinsaufschlag berechnet.