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Baufinanzierung kündigen

Neuer Ärger um die Vorfälligkeitsentschädigung

München, 07.06.2016 | 14:22 | nze

EU-Parlamentarier Sven Giegold will sich bei der Europäischen Kommission über das neue Gesetz über Wohnimmobilienkredite beschweren. EU-Vorgaben zum Verbraucherschutz kämen darin zu kurz. Kern der Kritik: die Entschädigung beim vorzeitigen Zurückzahlen von Immobilienkrediten.

Sven Giegold
EU-Parlamentarier Sven Giegold will sich bei der EU-Kommission beschweren. Foto: sven-giegold.de
Die Vorfälligkeitsentschädigung für Baufinanzierungen führt immer wieder zu Streit zwischen Banken und Bauherren oder Immobilienkäufern. Seit März ist in Deutschland ein neues Gesetz zu Wohnimmobilienkrediten in Kraft. Die Bestimmungen darin zur Vorfälligkeitsentschädigung sind allerdings immer noch nicht ausreichend, findet der Europaabgeordnete Sven Giegold von den Grünen. Er will bei der EU-Kommission Beschwerde gegen das Gesetz einlegen, wie das Handelsblatt an diesem Dienstag berichtet.

Das könnte bedeuten, dass sich der Bundestag die Regelung nochmals vornehmen und nachbessern muss. Laut dem Handelsblatt prüft die EU-Kommission das Gesetz zurzeit und wird womöglich demnächst von Berlin Verbesserungen verlangen - sprich: eine verbraucherfreundlichere Ausgestaltung rund um die Vorfälligkeitsentschädigung.

Kritikpunkte: zu wenig Verbraucherschutz, zu wenig Durchblick

Sven Giegold bemängelt laut Handelsblatt, dass die Bundesregierung in dem seit März geltenden Gesetz „den Verbraucherschutz stiefmütterlich behandelt“. Der EU-Parlamentarier meint damit vor allem die Vorfälligkeitsentschädigung. Wenn ein Kreditnehmer seinen Immobilienkredit vorzeitig zurückzahlt, darf seine Bank dafür eine Entschädigungszahlung verlangen. Laut einer Richtlinie der Europäischen Union darf die Bank dem Kunden nur die Kosten in Rechnung stellen, die ihr selbst durch die vorzeitige Ablösung entstehen. Und genau in diesem Punkt sei das deutsche Gesetz unscharf. Banken hätten weiterhin die Möglichkeit, dem Verbraucher zusätzliche Kosten aufzuerlegen.

Chancen, dies zu erkennen, habe ein Kreditnehmer nicht. Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert: Auch das neue Gesetz schaffe nicht ausreichend Transparenz. Darin ist zwar vorgesehen, dass die Bank die Berechnungsmethode für die Höhe der Entschädigung offenlegt. Auch das stelle allerdings nicht sicher, dass die Entschädigung dem tatsächlichen Schaden entspricht. Denn: Eine Bank könne für die Berechnung ja Parameter verwenden, „deren Richtigkeit nur bankintern geprüft werden kann“, – und auf deren Grundlage nach wie vor mehr als den ihr entstandenen Schaden abrechnen.

Blick ins Gesetz: die EU-Richtlinie und ihre deutsche Umsetzung

Das EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union haben ihre Richtlinie über Wohnimmobilienkredite für Verbraucher im Februar 2014 erlassen. Sie macht den EU-Mitgliedsstaaten für Gesetze zu Immobilienkrediten Vorgaben und besagt unter anderem: Vorfälligkeitsentschädigungen sind rechtens, solange es sich dabei um eine „angemessene und objektive Entschädigung“ handelt. Die Entschädigung muss im Zusammenhang mit den Kosten stehen, die der Bank durch die vorzeitige Rückzahlung entstehen. Sie darf keine „Vertragsstrafe gegen den Verbraucher“ sein und darf den finanziellen Verlust des Kreditgebers nicht überschreiten.

Die Mitgliedsstaaten müssen EU-Richtlinien in nationale Gesetze umsetzen. Im März dieses Jahres ist das deutsche „Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie“ in Kraft getreten. Eine Bank darf demnach eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen für den „unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden“. In einem Darlehensvertrag für Immobilien müssen laut dem Gesetz „Voraussetzungen und die Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung“ enthalten sein. Die Formulierung zur Berechnungsmethode lässt nach Ansicht des Bundesverbands Verbraucherzentrale eine Lücke.

Was jetzt passiert: die Prüfung durch die EU

Die EU-Kommission überprüft grundsätzlich, ob die Mitgliedsstaaten Richtlinien aus Brüssel ausreichend umsetzen. Die EU-Länder müssen ihr dazu ihre Maßnahmen zur Umsetzung übermitteln – in dem Fall also das deutsche Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Kommt die Kommission nach ihrer Prüfung zu dem Schluss, mit dem Gesetz werden die Ziele ihrer Richtlinie nicht erreicht, oder wird sie durch eine Beschwerde wie die von Sven Giegold darauf hingewiesen, tritt sie zunächst mit dem betroffenen Mitgliedsstaat in Dialog. Werden sich Kommission und EU-Mitgliedsland nicht einig, eröffnet die Kommission ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren. Im Zweifelsfall muss sich der Europäische Gerichtshof mit dem Sachverhalt befassen. 

Rechtslage und Praxis: Leitplanken, aber auch Spielräume

Wer einen Immobilienkredit aufnimmt, vereinbart mit der Bank in der Regel eine Zinsbindung: Über einen festgelegten Zeitraum sichert die Bank dem Kunden einen festen Zinssatz zu. Innerhalb der Zinsbindung kann der Kunde sein Darlehen nur in Ausnahmefällen kündigen – die Bank darf in diesem Fall eine Entschädigung verlangen. Wie hoch diese ausfallen darf, wird wie folgt berechnet: Durch die vorzeitige Kündigung entgehen der Bank Erträge, ihr entsteht ein sogenannter Zinsschaden. Von diesem Betrag wird die Rendite abgezogen, die das Geldinstitut mit dem vorzeitig zurückgezahlten Geld erwirtschaften kann, der sogenannte Wiederanlagezins. Einen gewissen Spielraum haben Banken in der Frage, welche Summe sie für die verringerten Risiko- und Verwaltungskosten zusätzlich vom Zinsschaden abziehen.

Gesetzlich gedeckelt ist die Höhe von Vorfälligkeitsentschädigungen nicht. Deshalb entzündet sich daran immer wieder Streit. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen etwa hat vor zwei Jahren Baudarlehen untersucht und kritisiert, dass die Entschädigungen aus seiner Sicht oft zu hoch sind. 

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