Schafft Baukindergeld Abhilfe?
Warum weniger Mieter ins Eigenheim ziehen
München, 12.06.2018 | 17:24 | sap
Den Umzug in die eigenen vier Wände setzen weniger Mieter um als noch vor fünf Jahren. Das Wirtschaftsforschungsinstitut IW Köln legt in einer Studie dar, woran das liegen könnte.
Weniger Mieter ziehen in die eigenen vier Wände. Im Jahr 2016 verwirklichten sich 600.000 Haushalte dem Traum vom Eigenheim, wie eine Erhebung des privaten Wirtschaftsforschungsinstituts IW Köln belegt. Das sind etwa 200.000 weniger als noch im Jahr 2013 – und das trotz niedriger Zinsen für Baufinanzierungen. Insbesondere in der Stadt können oder wollen es sich offenbar immer weniger Mieter leisten, ein Eigenheim zu finanzieren. Waren es 2015 noch 1,6 Prozent der städtischen Haushalte, die erstmalig eine Immobilie kauften, sind es vor zwei Jahren nur noch 1,2 Prozent gewesen. In ländlichen Gebieten stellte das IW Köln hingegen einen Anstieg der Haushalte, die sich im jeweiligen Jahr ein Eigenheim zulegten, von 1,1 Prozent auf 1,8 Prozent fest.
Deutschland kein Land der Eigenheimbesitzer
Die Deutschen kaufen oder bauen im Vergleich mit Bürgern anderen Staaten in Europa seltener eine eigene Immobilie. Gerade einmal die Hälfte aller Deutschen besitzt Wohneigentum, wie eine Statistik des Europäischen Statistikamtes Eurostat belegt. Zum Vergleich: Drei Viertel der Portugiesen wohnen in einer eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus. In Kroatien liegt die sogenannte Wohneigentumsquote sogar bei 90 Prozent.
Verhindern hohe Erwerbsnebenkosten einen Immobilienkauf?
Das Institut begründet den kontinuierlichen Rückgang in den vergangenen Jahren mit den hohen Erwerbsnebenkosten, zu denen die Grunderwerbsteuer sowie Makler- und Notargebühren zählen. Diese Kosten sollten Immobilienkäufer am besten mit ihrem Eigenkapital stemmen können. Hinzu kommen 20 Prozent des Kaufpreises der Immobilie, die ein Haushalt angespart haben sollte. Wer sich ein Haus oder eine Wohnung für beispielsweise 300.000 Euro kaufen will, sollte 60.000 Euro Eigenkapital haben.
Allerdings verfügen nur elf Prozent der Mieter über ein angespartes Vermögen von mehr als 50.000 Euro, wie eine Studie des IW Köln Anfang dieses Jahres mit Daten aus dem sozio-ökonomischen Panel (SOEP) ergab. Beim SOEP werden mehr als 12.000 deutsche Haushalte in jährlichem Rhythmus befragt.
Baukindergeld setze falsche Anreize
Die Bundesregierung will mit dem Baukindergeld junge Familien unterstützen, sich den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen. Das IW Köln kritisiert das Vorhaben, weil es weit mehr kosten werde als von der Regierung veranschlagt und zudem falsche Anreize setze. „Es besteht die Gefahr, dass vor allem der Neubau in strukturschwachen Gebieten angekurbelt wird, weil das Baukindergeld dort einen höheren Teil des Kaufpreises ausmacht“, sagt IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer. Damit würde der Leerstand in diesen Regionen vergrößert. Um das zu verhindern, sollte das Geld in strukturschwachen Regionen nur ausgezahlt werden, wenn eine bestehende Immobilie erworben werde, lautet der Vorschlag des IW Köln.
Neben dem Forschungsinstitut bezweifeln sowohl Mieter- als auch Eigentümerverbände, dass das Baukindergeld ein probates Mittel gegen den Wohnungsmangel ist. Ebenso befürchtet die Bundesbank, dass die Einführung des Baukindergeldes dazu führe, dass Preise für Baugrundstücke und Bestandsimmobilien zusätzlich stärker steigen als sie es derzeit ohnehin tun.