Risikoaufschläge
Was eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital kostet
München, 20.05.2016 | 11:54 | hdu
Fast ohne Eigenkapital ein Haus kaufen? Das geht unter Umständen, kann aber teuer werden. Wer nur wenig Geld angespart hat, zahlt meist hohe Risikoaufschläge.
Vollfinanzierung birgt Risiken
Eine Finanzierung mit wenig Eigenkapital ist möglich – allerdings gibt es Risiken. Banken vergeben solche Vollfinanzierungen, das heißt Finanzierungen zu 100 Prozent des Kaufpreises, in der Regel nur an Gutverdiener, denn neben hohen monatlichen Raten sollten Käufer auch Rücklagen für Reparaturen am Haus oder unvorhergesehene Ausgaben bilden können. Ganz ohne Eigenkapital kommen Immobilienkäufer auch bei der Vollfinanzierung nicht aus – mindestens die Nebenkosten müssen sie für gewöhnlich aus eigenen Mitteln tragen.Hinzu kommt das Zinserhöhungsrisiko: Steigen die Bauzinsen in einigen Jahren wieder, müssen Käufer eine höhere Monatsbelastung stemmen können. Entsprechend streng prüft die Bank die Bonität des Kunden. Zudem erhebt das Institut Zinsaufschläge, um sich gegen das höhere Ausfallrisiko abzusichern. Wie hoch diese Aufschläge ausfallen, hat die Stiftung Warentest in der jüngsten Ausgabe des Magazins Finanztest ausgewertet.
Hohe Risikoaufschläge für Baufinanzierung mit wenig Eigenkapital
Wie die Untersuchung der Konditionen von 64 Anbietern zeigt, sind bei einer Vollfinanzierung des Kaufpreises von 200.000 Euro die letzten 20.000 Euro des Kredites besonders teuer. Für einen Baukredit über 180.000 Euro, also eine 90-Prozent-Finanzierung, mit zwanzigjähriger Zinsbindung lagen die Kondition der Banken und Vermittler im Test im Durchschnitt bei einem Effektivzins von 2,23 Prozent. Will der Kunde mit 200.000 Euro den vollen Kaufpreis finanzieren, sind es bei gleichbleibender Zinsbindung durchschnittlich 2,87 Prozent effektiv. Die Stiftung Warentest hat errechnet, dass Käufer für den Anteil zwischen 180.000 und 200.000 Euro im Schnitt 8,44 Prozent Zinsen pro Jahr zahlen. Allein im ersten Jahr bedeutet das durchschnittlich eine zusätzliche Zinsbelastung von mehr als 1.000 Euro.Wenig Eigenkapital, hohe Monatsrate
Je weniger Eigenkapital in die Finanzierung fließt, desto höher wird bei gleichbleibender Tilgung auch die Monatsrate. Wer den vollen Kaufpreis finanziert, muss laut Stiftung Warentest eine um 30 bis 50 Prozent höhere Monatsrate bezahlen als für eine 80-Prozent-Finanzierung. Noch höher wird die Monatsbelastung, wenn neben dem Kaufpreis noch die Nebenkosten finanziert werden, wie die Tabelle zeigt:Finanzierter Anteil des Kaufpreises* | 80 Prozent | 90 Prozent | 100 Prozent | 110 Prozent** |
Eigenkapital | 90.000 Euro | 60.000 Euro | 30.000 Euro | 0 Euro |
Kreditsumme | 240.000 Euro | 270.000 Euro | 300.000 Euro | 330.000 Euro |
Zinssatz (bei 20-jähriger Zinsbindung) | 2,00 Prozent | 2,20 Prozent | 2,80 Prozent | 3,00 Prozent |
Tilgungssatz | 2,00 Prozent | 2,00 Prozent | 2,00 Prozent | 2,00 Prozent |
Monatsrate | 800 Euro | 945 Euro | 1.200 Euro | 1.375 Euro |
** Die 110 Prozent beinhalten die Nebenkosten von 30.000 Euro.
Quelle: Stiftung Warentest (17.05.2016)
Tipp: Die Verbraucherorganisation empfiehlt Käufern mit wenig Eigenkapital, einen Teil des Kaufpreises über das Wohneigentumsprogramm der staatlichen Förderbank KfW zu finanzieren. Eine Finanzierung von 90 bis 100 Prozent des Kaufpreises sei unter Zuhilfenahme eines KfW-Darlehens fast immer günstiger als ohne. Pro Kauf oder Bauvorhaben kann ein Anteil von bis zu 50.000 Euro über einen KfW-Kredit abgedeckt werden – der günstige Zinssatz der Förderbank bleibt auch bei einer Vollfinanzierung unverändert. Einziger Nachteil: Diese Kreditvariante gibt es bisher nur mit fünf- oder zehnjähriger Zinsbindung.
Kaufpreis ist nicht gleich Beleihungsgrenze: Wie viel Kredit die Bank gewährt
Wer eine Immobilie kauft, kann nicht immer einen Kredit über den gesamten Kaufpreis aufnehmen. Anhand der Lage, des Alters und der Ausstattung der Immobilie berechnet die Bank für jedes Kaufobjekt einen Beleihungswert – für das Institut die Summe, die sich auch auf lange Sicht mit dem Verkauf des Hauses erzielen lässt. Laut Gesetz darf der Beleihungswert nicht über dem Verkehrswert der Immobilie liegen. Üblicherweise beträgt er 75 bis 90 Prozent des Kaufpreises. Abzüglich eines Risikoabschlags ergibt sich daraus die Beleihungsgrenze, der maximale Wert, zu dem der Kunde eine Baufinanzierung für die gewünschte Immobilie aufnehmen kann. Diese Grenze setzt jede Bank individuell fest. Die Zinssätze für Immobilienkredite sind meist nach dem sogenannten Beleihungsauslauf gestaffelt, also dem Verhältnis zwischen Darlehenshöhe und Objektwert. Je niedriger der Beleihungsauslauf, desto besser die Konditionen für den Baukredit. Die besten Konditionen erhält, wer eine Baufinanzierung bis zu einer Grenze von 45 bis 60 Prozent des Kaufpreises aufnimmt. Mit hohen Aufschlägen müssen Käufer ab einer Finanzierung von 80 Prozent aufwärts rechnen.