Statt Negativzinsen
Wie Sie bei Ihrer Baufinanzierung weniger Geld zurückzahlen, als Sie sich geliehen haben
München, 23.07.2019 | 14:27 | skl
Die Zinsen für Immobilienkredite sind so günstig wie nie. Wer plant, eine Baufinanzierung aufzunehmen, sollte sich über staatliche Fördermöglichkeiten informieren. Unter Umständen brauchen angehende Eigenheimbesitzer auf diese Weise weniger Geld zurückzuzahlen, als sie sich von der Bank leihen.
Negativzinsen bei der Baufinanzierung? Was bei Ratenkrediten schon Realität ist, wird es bei Immobilienkrediten auf absehbare Zeit wohl nicht geben. Doch wer geschickt plant, der hat auch ohne Negativzinsen die Möglichkeit, bei seiner Baufinanzierung am Ende weniger Geld zurückzuzahlen, als er sich geliehen hat. Möglich wird das durch die derzeit sehr niedrigen Zinsen für Immobiliendarlehen und eine geschickte Kombination von Fördermöglichkeiten. Denn der Staat unterstützt Verbraucher beim Bau oder Kauf der eigenen vier Wände. Um mehr Familien den Einzug in ein Eigenheim zu ermöglichen, bietet ihnen der Gesetzgeber, innerhalb gewisser Einkommensgrenzen, über die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Baukindergeld, jeweils 1.200 Euro pro Jahr und Kind für bis zu zehn Jahre.
Auch wer keinen Nachwuchs hat, kann sich von der öffentlichen Hand unterstützen lassen, etwa wenn er nachhaltig baut oder die eigenen vier Wände umweltbewusst saniert. Die KfW fördert umweltbewusste Häuslebauer mit besonders günstigen Krediten und Tilgungszuschüssen beim Umbau zu einem energieeffizienten Haus, wie etwa mit dem KfW Kredit 151. Doch nicht nur die Kombination von Förderprogrammen lässt die Finanzierungskosten unterm Strich in den negativen Bereich purzeln, entscheidend ist auch, an welcher Stelle der Baufinanzierung die Fördergelder genutzt werden.
KfW-Förderprogramme geschickt kombinieren
Ein Beispiel: Familie Bäumer lebt in Heidenheim an der Brenz in Baden-Württemberg in einer 90 Quadratmeter großen Wohnung zur Miete. In den letzten Jahren hat die dreiköpfige Familie etwas Geld gespart und möchte sich nun den Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen. Das passende Haus hat die fiktive Beispielfamilie auch schon gefunden, es würde sie 250.000 Euro kosten. Allerdings möchte die umweltbewusste Familie das kleine Haus gerne komplett sanieren, was nochmal mit knapp 100.000 Euro zu Buche schlagen würde. Für Haus und Sanierung müssten die Bäumers also 350.000 Euro zahlen. In die Finanzierung können sie 70.000 Euro Eigenkapital aus ihren Ersparnissen mit einbringen, ohne die Rücklagen für die Nebenkosten aufzubrauchen. Von der Bank leihen sie sich also 280.000 Euro. Nachdem sie im Internet verschiedene Baufinanzierungen verglichen haben, entscheiden sich Herr und Frau Bäumer für ein Darlehen über 280.000 Euro mit einer Sollzinsbindung von zehn Jahren zu einem Sollzinssatz von 0,73 Prozent.Da die Bäumers eine fünfjährige Tochter haben und mit ihren Gehältern unter der Bemessungsgrenze von 90.000 Euro liegen, beantragen sie bei der KfW Baukindergeld. Weil sie ihr neues Eigenheim energieeffizient sanieren, beantragen sie den „KfW Kredit 151 Energieeffizient Sanieren“, gleich mit. Über die finanzierende Bank erhalten sie für ihren Immobilienkredit also 100.000 Euro von der KfW zu einem Sollzinssatz von 0,75 Prozent und einem Tilgungszuschuss von 27.500 Euro um ihr Haus zu einem KfW-Effizienzhaus 55 umzubauen.
Baukindergeld für Sondertilgungen nutzen
Das Baukindergeld können Darlehensnehmer auch für regelmäßige Sondertilgungen nutzen. Viele Banken ermöglichen jährliche Sondertilgungen von bis zu fünf Prozent der ursprünglichen Darlehenssumme. Bei einem Kind können angehende Eigenheimbesitzer somit über zehn Jahre jährlich 1.200 Euro Sondertilgen und dadurch nicht nur die Laufzeit verkürzen sondern auch die Zinskosten um mehrere hundert Euro reduzieren. Bei zwei oder mehr Kindern fiele die Zinsersparnis umso höher aus. Das Baukindergeld erhalten Familien mit einem Haushaltseinkommen von bis zu 90.000 Euro plus 15.000 für jedes weitere Kind. Das Baukindergeld wird erst nach Einzug ausbezahlt. Familien, die in Bayern leben, haben zusätzlich zu dem Baukindergeld vom Bund noch die Möglichkeit, über die Bayerische Landesbank das Bayerische Baukindergeld Plus zu beantragen. Denn der Freistaat fördert Familien zusätzlich über einen Zeitraum von zehn Jahren mit 300 Euro pro Jahr und Kind bei der Finanzierung ihres Eigenheims.
Baukindergeld und Tilgungszuschuss nutzen, um die Restschuld erheblich zu reduzieren
Nach Ablauf der zehnjährigen Zinsbindung haben die Bäumers für das Bank-Darlehen 11.247 Euro Zinsen gezahlt, für den KfW-Kredit dank des Tilgungszuschusses nur 2.976 Euro, also insgesamt Zinskosten von 14.223 Euro. Da das KfW-Darlehen dank des Tilgungszuschusses nach weniger als zehn Jahren komplett getilgt ist, bleibt beim Bankdarlehen eine Restschuld von 123.998 Euro. Die Familie müsste also eine Anschlussfinanzierung in Höhe von rund 124.000 Euro aufnehmen. Mit ihrer Bank vereinbaren die Bäumers aber etwas anderes. Bevor sie dort ihre Anschlussfinanzierung aufnehmen, nutzen sie die 12.000 Euro Baukindergeld, um die Restschuld durch eine Sondertilgung auf 112.000 Euro zu reduzieren.
Für die Anschlussfinanzierung nimmt die Familie somit ein Darlehen über 112.000 Euro mit einer zehnjährigen Zinsbindung zu einem Sollzinssatz von 1,10 Prozent auf, denn im Laufe der Zeit sind die Zinsen für Baufinanzierungen wieder leicht gestiegen. Die anfängliche Tilgung liegt bei zehn Prozent, wodurch die neue Rate mit 1.036 Euro etwas niedriger ausfällt, als die beiden Raten zusammen, die sie zuvor für ihre beiden Darlehen gezahlt haben. Nach neun Jahren und sieben Monaten ist das Darlehen abbezahlt. Die Zinskosten belaufen sich auf 6.103 Euro.
Beispielrechnung | |||||
---|---|---|---|---|---|
Kreditbetrag | Sollzins | Rate | Zinskosten | Restschuld | |
Bank-Darlehen | 180.000 € | 0,73 %* | 560 € | 11.247 € | 123.988 € |
KfW Kredit 151** | 100.000 € | 0,75 % | 646 € | 2.976 € | 0 € |
Gesamt | 280.000 €*** | - | 1.206 € | 14.223 € | 123.988 € |
Sondertilgung über 12.000 € (Baukindergeld) bei der Restschuld | |||||
Anschlussfinanzierung | 112.000 € | 1,10 % | 1.036 € | 6.103 € | 0 € |
Gesamtkreditkosten | 280.000 € | - | - | 20.326 € | - |
Gesamtkosten Baufinanzierung: 300.326 € | |||||
Gesamtkreditkosten abzgl. 27.500 € Tilgungszuschuss + 12.000 € Baukindergeld = 260.826 € |
Darlehensbetrag 280.000 Euro (Stand: 15.07.2019)
** mit einmaliger Sondertilgung in Höhe von 27.500 Euro (Tilgungszuschuss) nach dem ersten Jahr
*** durchschnittlicher über CHECK24 in 2018 aufgenommener Kreditbetrag für Baufinanzierungen
Für alle drei Darlehen hat die Familie insgesamt 20.326 Euro an Zinsen gezahlt. Ihre komplette Baufinanzierung, die sie bereits nach knapp 20 Jahren abgezahlt haben, kostete die Bäumers somit 300.326 Euro. Aber: Die Sondertilgungen über insgesamt 39.500 Euro, mit denen die Bäumers zum einen das KfW-Darlehen tilgten, zum anderem die Restschuld vor Aufnahme der Anschlussfinanzierung verringert haben, setzte sich aus Fördergeldern der KfW zusammen und wurde nicht aus ihrer eignen Tasche finanziert. Real haben die Bäumers für ihre Baufinanzierung somit nur 260.826 Euro bezahlt, also 19.174 Euro weniger, als sie sich ursprünglich geliehen hatten. Je nach Höhe des Darlehensbetrags und des Zinssatzes wäre es auch in Einzelfällen möglich, nur mit einem „KfW Kredit 151 Energieeffizient Sanieren“ am Ende weniger Geld zurückzuzahlen, als am Anfang aufgenommen wurde.