Aktuelle Zahlen der Versicherungsmathematiker zeigen, dass das Risiko einer Berufsunfähigkeit für jüngere Frauen deutlich gestiegen ist. Bei älteren Arbeitnehmern ist es dagegen gesunken. Insgesamt trifft es nach wie vor jeden vierten Erwerbstätigen.
Erzieherin in einer Kita: Für jüngere Frauen ist das Risiko einer Berufsunfähigkeit gestiegen Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) hat am Donnerstag aktuelle Zahlen zum Risiko einer Berufsunfähigkeit veröffentlicht. Demnach ist das Risiko, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten zu können, bei jüngeren Frauen bis 40 Jahren deutlich gestiegen. Bei älteren Frauen sowie Männern ist es hingegen gesunken.
Bei den Frauen bis 40 Jahren ist das BU-Risiko im Vergleich zur letzten Erhebung von 1997 um über 30 Prozent angestiegen. Hierfür sind laut DAV vor allem psychische Erkrankungen verantwortlich, die stark zugenommen haben.
Bei den über 40-jährigen Frauen ist das Risiko einer Berufsunfähigkeit allerdings stark zurückgegangen – um 36 Prozent. Bei den über 40-jährigen Männern ging das Risiko gegenüber 1997 sogar um ganze 45 Prozent zurück.
Körperliche Anforderungen in den Berufen gehen zurück
„Darin spiegelt sich deutlich die Veränderung der Arbeitswelt wider. Zum einen sind immer weniger Personen in körperlich anstrengenden Berufen tätig und zum anderen sinken generell die körperlichen Anforderungen in vielen Berufen“, erklärte Herbert Schneidemann, Vorstandsvorsitzender der DAV sowie der Versicherungsgruppe Die Bayerische. Dieser Effekt gleiche die
Zunahme psychischer Krankheiten auch bei den Älteren mehr als aus.
Über alle Altersgruppen hinweg machen psychische Erkrankungen fast jeden dritten Leistungsfall (31,9 Prozent) aus. Anfang der 90er Jahre waren meist noch körperliche Gebrechen die Ursache, warum Arbeitnehmer aus dem Berufsleben ausgeschieden sind.
Gleichzeitig zeigen die Zahlen, dass eine Berufsunfähigkeit nicht in jedem Fall das ganze Erwerbsleben über andauert. Fast jeder Fünfte (19 Prozent) kehrte innerhalb der ersten 24 Monate wieder in seinen Job zurück – bei der Erhebung vor rund 20 Jahren waren es nur elf Prozent.
Nach einer längeren Berufsunfähigkeit von drei bis zehn Jahren nahmen jedoch nur 16 Prozent ihre Arbeit wieder auf. Bei der Erhebung von 1997 war es noch jeder Vierte (26 Prozent).
Corona-Folgen sind noch nicht abzuschätzen
Ob sich die
Corona-Pandemie auf das Risiko einer Berufsunfähigkeit auswirkt, kann der DAV derzeit noch nicht abschätzen. Mögliche Langzeitfolgen oder Veränderungen des Arbeitsmarktes würden sich erst in den nächsten Jahren zeigen.
Insgesamt bleiben die Aktuare bei ihrer Einschätzung, dass im Schnitt jeder vierte Berufstätige während seines Erwerbslebens mindestens einmal berufsunfähig wird. Gleichzeitig gab es laut Zahlen des GDV im Jahr 2019 gerade einmal 17 Millionen
BU-Versicherungen für insgesamt über 45 Millionen Erwerbstätige.
„Die Menschen versichern ihr Smartphone, aber nicht ihre Arbeitskraft und damit ihre Existenzgrundlage“, kritisierte Schneidemann.
Rechnungsgrundlagen für die BU-Versicherung
Die aktuellen Zahlen der DAV bilden als sogenannte BU-Tafel die Rechnungsgrundlagen dafür, wie Versicherer die Prämien für ihre Berufsunfähigkeitsversicherungen kalkulieren. Allerdings wollte Schneidemann keine Prognose über die künftige Beitragsentwicklung in der Branche abgeben.
Die Beiträge würden von jedem Versicherer individuell festgelegt und hingen von einer Vielzahl von Faktoren ab – unter anderem vom jeweiligen Bestand und vom Rechnungszins, mit dem die Rücklagen verzinst werden.