Bei vielen Banken war es lange kostenlos: das Girokonto. Bislang querfinanziert, haben zahlreiche Geldhäuser in Deutschland ihre Lehren aus dem Zinstief gezogen und Gebühren für das aus Verbrauchersicht wohl wichtigste Bankprodukt eingeführt. Und wo das Girokonto schon vorher kostete, da kostet es heute mehr. Eine Entwicklung, die sich in den kommenden Monaten fortsetzen wird und das auch über das Girokonto hinaus. Das legt das Bankenbarometer der Wirtschaftsprüfung Ernst & Young (EY) nahe. Sie hat im April 120 Banken – darunter Genossenschaftsbanken und Sparkassen ebenso wie private Geldhäuser – befragen lassen und festgestellt: Gebührenerhöhungen sind nicht die einzige Veränderung, auf die Verbraucher sich einstellen müssen.
Mehr Gebühren für einfache Leistungen
Die gute Nachricht: Bei 68 Prozent der Banken hierzulande sollen die Gebühren nicht steigen. Die schlechte Nachricht: Das übrige Drittel aller Geldhäuser hat in diesem Jahr bereits an der Gebührenschraube gedreht oder plant, dies im Laufe des Jahres nachzuholen. Das gilt insbesondere für die Kontoführung beim Girokonto, die bei jeder vierten Bank teurer wird oder bereits geworden ist. Aber auch für Einzelleistungen wie etwa Überweisungen oder Bargeldabhebungen müssen Kunden jetzt und in naher Zukunft wohl mehr bezahlen. Ebenso sollen der Studie zufolge die Kreditkartengebühren steigen, und zwar bei knapp jeder sechsten Bank – so etwa bei der Consorsbank, die ab Ende Juli eine Gebühr für Barabhebungen in Fremdwährung berechnen wird. Ein möglicher Grund dafür, dass der Besitz und der Einsatz des Plastikgeldes teurer werden, ist die Deckelung der sogenannten Interchange-Gebühr seit Dezember 2015. Durch sie schrumpfen die Einnahmen der Geldhäuser, weil diese seither weniger Geld vom Handel erhalten, wenn ein Kunde an der Kasse mit Kreditkarte zahlt.
Weniger Ansprechpartner vor Ort
Aber nicht nur mit neuen Einnahmequellen beschäftigen sich die Geldhäuser – sondern auch und vor allem mit Kosteneinsparungen. Laut Studie arbeiten derzeit drei Viertel der Banken daran, ihre Ausgaben zu senken – und das nicht ohne Folgen für den Kunden.
So sollen bei über 40 Prozent der Banken Stellen gestrichen werden. Nur noch jede zehnte Bank will ihr Personal unterdessen aufstocken. Für Kontoinhaber, Kreditnehmer und Sparer heißt das: Der eine oder andere Berater wird womöglich in naher Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen. Für die Autoren der EY-Studie ist es jedoch nur allzu sinnvoll, am Personal zu sparen, „da sowohl der Kundenkontakt als auch Verwaltungstätigkeiten immer stärker auf digitalem Weg ablaufen“, erklärt Dirk Müller-Tronnier, Leiter Banking & Capital Markets bei EY. Und nicht nur an der Zahl der Bankmitarbeiter wird sich etwas ändern – sondern auch an ihrer Vergütung. So will jede sechste Bank ihren Angestellten bald weniger zahlen, um Kosten einzusparen.
Weniger Banken und Filialen
72 Banken und 2.019 Bankfilialen sind im letzten Jahr verschwunden, so Zahlen der Deutschen Bundesbank. Das ist ein Rückgang um rund vier bzw. sechs Prozent. Nach Ansicht der von EY befragten Banken wird sich die Zahl der Geldhäuser und Zweigstellen weiter verringern. Jede zweite Bank rechnet, dass der Bankensektor innerhalb eines Jahres durch Zusammenschlüsse und Filialschließungen etwas oder sogar spürbar schrumpfen wird. Bezogen auf einen Zeitraum von drei Jahren sind sogar über 80 Prozent der Finanzinstitute dieser Meinung. Wie bisher werden sich ihrer Einschätzung nach vor allem Genossenschaftsbanken zusammenschließen, ebenso wie Sparkassen.
Kreditzinsen werden eher steigen statt weiter sinken
Egal, ob die eigenen vier Wände oder ein neues Auto: Aktuell finanzieren die Deutschen so günstig wie lange nicht. Doch bleibt das auch so? Das hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Banken ebenso gefragt. Das Ergebnis: Nicht wenige rechnen inzwischen wieder mit steigenden Zinsen.
Ein Drittel aller Geldhäuser geht demnach davon aus, dass die Zinsen für Ratenkredite in den nächsten zwölf Monaten steigen werden. Nur vier Prozent erwarten das Gegenteil. Die überwiegende Mehrheit rechnet aber damit, dass sich am derzeitigen Zinsniveau nichts ändern wird.
Auch Baufinanzierungen bleiben nach Einschätzung der Banken vorerst weiter günstig: Etwas mehr als die Hälfte der befragten Bankhäuser schätzt, dass sich Bauherren und Immobilienkäufer in den nächsten Monaten zu gleichbleibenden Zinsen Baugeld beschaffen können. Sieben Prozent rechnen unterdessen sogar damit, dass die Finanzierung der eigenen vier Wände noch einmal günstiger wird. Damit bleibt ein gutes Drittel, das für die nahe Zukunft steigende Bauzinsen erwartet.
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