14 Millionen Girocards mit Kontaktlosfunktion haben die Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken bis zum Ende letzten Jahres an ihre Kunden ausgegeben. Kontaktlos bezahlen konnten die Karteninhaber bislang aber nicht – es sei denn, sie wohnten im Raum Kassel. Denn außerhalb der „Girocard City“, in der der Bundesverband Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) die Girocard kontaktlos seit April umfangreich testet, gab es bis dato keine Akzeptanzstellen. Doch das ändert sich nun.
Verifone, einer der größten Anbieter von Bezahlterminals in Deutschland, hat für sein Flaggschiff-Gerät die notwendige Freigabe von der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) erhalten. Das H5000, so der technische Name, ist damit „nun auch bundesweit für Kontaktlos-Zahlungen auf Basis der Girocard einsetzbar“, schreibt das Unternehmen in seiner Pressemitteilung.
Das H5000 ist nicht irgendein Gerät, sondern wohl eines der am meisten verbreiteten in ganz Deutschland. Laut Herstellerangaben mehr als eine viertel Million Mal verkauft, begegnen Verbraucher ihm beim Einkauf im Supermarkt, beim Einchecken im Hotel, beim Tanken, ja selbst bei der Abholung ihres neuen Personalausweises.
„Karte auflegen oder einstecken“: Verbraucher haben bei der Girocard bald die Wahl
Wer bereits eine Girocard mit Kontaktlosfunktion besitzt, der kann demnächst quasi im Vorbeigehen damit bezahlen. Für Beträge bis zu 25 Euro muss er die Karte dann nicht mehr ins Lesegerät stecken und auch PIN-Eingabe oder Unterschrift sind dann nicht mehr nötig. Stattdessen genügt es, die Karte einen Augenblick lang in geringem Abstand an das Lesegerät zu halten. Alle notwendigen Zahlungsinformationen werden per Funk übertragen. Near Field Communication (NFC), also Nahfeldkommunikation, nennt sich das Prinzip.
Geduld gefragt: Ab wann Kontaktloszahlungen mit der Girocard möglich sind
Der Grundstein für eine bundesweite Akzeptanz ist mit der Zertifizierung des ersten Bezahlterminals schon einmal gelegt. Die Entscheidung, ab wann VR-Bank- und Sparkassenkunden mit ihrer Girocard kontaktlos tatsächlich kontaktlos bezahlen können, liegt nun bei den Händlern. Sie müssen zunächst die Software ihrer Terminals aktualisieren und womöglich ihre Mitarbeiter schulen. Das aber sollte laut Andreas Martin, Vorstandsmitglied des BVR, zügig erfolgen, wie er im Interview mit dem IT-Finanzmagazin erklärt. Noch in diesem Quartal könnten erste Händler mit dem kontaktlosen Bezahlen per Girocard demnach an den Start gehen. (Anmerkung der Redaktion: inzwischen gibt es von zwei Händlern schon konkrete Pläne – siehe Update am Ende des Artikels)
Und Verbraucher, die bislang noch keine Girocard mit Kontaktlosfunktion besitzen? Die müssen sich vorerst gedulden. Bis 2020 sollen alle Kunden der Sparkassen und VR-Banken mit der NFC-fähigen Girocard ausgestattet sein. Wer sein Konto bei einer anderen Bank hat, der kann hingegen aktuell nur hoffen, dass sein Geldhaus in absehbarer Zeit nachziehen wird.
Woher weiß ich, ob ich mit meiner Girocard kontaktlos bezahlen kann?
Das verrät ein Blick auf die Bankkarte. Ist dort ein Wellensymbol abgebildet, wie im oberen rechten Eck dieser Karte? Dann können Sie mit Ihrer Girocard demnächst schon kontaktlos bezahlen.
Bild: BVR
Nicht ganz neu: Warum die Girocard kontaktlos trotzdem so besonders ist
Kontaktlos bezahlen mit der Bankkarte – ein Meilenstein. Dabei ist das Verfahren gar nicht neu. Schon seit Jahren können Verbraucher mit NFC-fähigen Kreditkarten oder Smartphones blitzschnell an der Kasse zahlen. Doch nur die wenigsten haben sich das bislang getraut. Mit der Girocard könnte sich das ändern – immerhin ist sie nach Bargeld das zweithäufigste Bezahlinstrument in Deutschland. Zudem lassen die Ergebnisse aus Kassel auf reges Interesse schließen: „Die Erfahrungen in der Pilotregion Kassel haben unsere Erwartungen übertroffen, die Akzeptanz bei Kunden und im Handel ist durchweg positiv. Daher ist es konsequent, die Girocard als beliebteste Bankkarte in Deutschland auch bundesweit für kontaktloses Bezahlen zu öffnen“, zitiert Verifone Andreas Martin, Vorstandsmitglied des projektleitenden BVR.
Zahlen & Fakten rund um die Girocard
Die Bezeichnung „Girocard“ trägt die Bankkarte seit 2007. Unter Verbrauchern ist ihr vorheriger Name „EC-Karte“ aber immer noch geläufig.
Über 100 Millionen Girocards wurden in Deutschland bereits ausgegeben. Viele Bundesbürger verfügen damit also über mehr als nur eine Bankkarte.
Ganz schön kompliziert: Für den Kunden macht es kaum einen Unterschied – doch das Bezahlen mit der Girocard ist kein einheitlicher Prozess. Wer an der Kasse zum Beispiel eine Unterschrift leistet, der gibt damit im Grunde eine klassische Lastschrift in Auftrag. Mit der PIN-Eingabe ist das etwas anders – hier erhält der Händler eine Zahlungsgarantie. Ähnlich funktioniert es bei V Pay und Maestro, den beiden Zahlungssystemen der Kartenanbieter Visa und Mastercard, mit denen die meisten Girocards zusätzlich ausgestattet sind.
Update 27.01.2017: Kontaktloszahlungen bald an Esso-Tankstellen und bei Lidl möglich
Wie der BVR, derzeit federführend für die Deutsche Kreditwirtschaft, erklärt, wird der Tankstellenbetreiber Esso berührungslose Zahlungen mit der Girocard schon ab dem ersten Quartal ermöglichen. Als erster Lebensmittelhändler will Lidl noch im Frühjahr starten – in all seinen über 3.000 Filialen. Weitere wichtige Händler sollen laut BVR in diesem Jahr folgen.
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