Hier ein paar Cent fürs Geldabheben, da ein Euro für eine Überweisung per Beleg und obendrauf die monatliche Grundgebühr: Das Girokonto ist bei vielen Banken in Deutschland teurer geworden. Doch wohl kaum ein Geldhaus hat damit so viel Aufsehen erregt wie die Sparkassen.
Das Vergleichsportal CHECK24 hat die aktuellen Entwicklungen in der Gebührenlandschaft rund ums Girokonto zum Anlass genommen, die Sparkassen nach ihren Beweggründen zu fragen und erhält Antwort von Georg Fahrenschon. Im Interview steht der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) Rede und Antwort zu Kontogebühren, Strafzinsen auf Spareinlagen und zum Bankgeschäft der Zukunft.
CHECK24: Die Sparkassen mussten sich in der letzten Zeit ja viel Kritik gefallen lassen wegen ihrer Gebühren fürs Geldabheben. Sie selbst hatten zuvor noch versichert, das Geldabheben bleibe kostenlos. Wie sehen Sie das heute?
Georg Fahrenschon: Für die weit überwiegende Mehrheit unserer Kunden ist und bleibt das Geldabheben am Automaten kostenlos. Die betroffenen Kunden haben sich ganz bewusst für ein Kontomodell entschieden, das einen geringen Grundpreis hat und bei dem Buchungsvorgänge einzeln mit einem Centbetrag bepreist werden. Das ist aber weder neu, noch gibt es das nur bei den Sparkassen. Die allermeisten unserer Kunden haben aber ein Kontomodell, in dem alle Leistungen in einem Pauschalpreis enthalten sind.
„Wir haben immer schon gesagt, dass eine ordentliche Dienstleistung auch Geld kosten muss.“
Trotz Ihrer damaligen Aussage halten Sie die Gebühren für gerechtfertigt?
Ganz allgemein halte ich Gebühren für Bankdienstleistungen – und da gehört das Girokonto mit all seinen Services dazu – natürlich für gerechtfertigt. Das habe ich bereits vor über einem Jahr gesagt, als ich unseren privaten Mitbewerbern zugerufen habe, dass die Zeit kostenloser Girokonten nun endlich vorbei sein müsse. Mittlerweile habe ich viel Unterstützung für diese Forderung erhalten, zuletzt etwa vom BaFin-Präsidenten Felix Hufeld, der Preiserhöhungen bei Sparkassen und Banken bei versiegenden Ertragsquellen als „das Normalste der Welt“ bezeichnet hat, wenn ich ihn zitieren darf. Bei den Sparkassen gab es übrigens nie eine Kostenloskultur – wir haben immer schon gesagt, dass eine ordentliche Dienstleistung auch Geld kosten muss.
Sie haben es bereits erwähnt: Schon im letzten Jahr haben Sie das Ende des kostenlosen Girokontos ausgerufen. Halten Sie es nicht auch für möglich, dass Banken wieder zur Gratiskultur zurückkehren werden, wenn die Zinsen wieder steigen? Schließlich gibt es ja noch Banken – vor allem Direktbanken –, die kostenlose Girokonten anbieten, wie etwa die 1822direkt, eine Tochter der Frankfurter Sparkasse.
Die Zeit kostenloser Girokonten ist vorbei. Davon bin ich überzeugt. Natürlich ist die Situation bei den Direktbanken ein Stück weit anders, da sie keine teure Infrastruktur haben, die sie unterhalten müssen. Unterm Strich müssen aber auch Direktbanken Gewinne erwirtschaften. Die Sparkassen betreiben immer noch rund 12.000 Geschäftsstellen und über 25.000 Geldautomaten in Deutschland. Wir bieten über 300.000 Menschen einen Arbeitsplatz und haben allein im letzten Jahr 453 Millionen Euro an Förderungen für soziale Projekte, Sportvereine, kulturelle Einrichtungen oder bürgerschaftliches Engagement ausgegeben. Ganz nebenbei sind wir einer der größten Steuerzahler der Bundesrepublik. Das alles kann es nicht zum Nulltarif geben. Wir verzeichnen aber weder einen Kundenschwund noch sinkende Einlagen – ganz im Gegenteil. Offenbar spielen Sicherheit und Vertrauen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für eine Hausbank.
Ihre Kunden entscheiden sich also aktiv dafür, Gebühren zu zahlen, um Arbeitsplätze zu sichern sowie um soziale Projekte und regionale Sportvereine zu fördern?
Dass unsere Kunden damit etwas Gutes für ihre Region tun, ist einer ihrer Gründe, sich für ein Girokonto bei der Sparkasse zu entscheiden. Die Sparkasse ist vor Ort – man kennt seinen persönlichen Berater, den man auch im Verein oder morgens beim Bäcker trifft. Diese Nähe schafft Vertrauen. Hinzu kommt, dass die Menschen mit den Sparkassen positive Erfahrungen machen und das schon seit Kindertagen, zum Beispiel, weil ihre Eltern für sie bei der örtlichen Sparkasse ein Konto eröffnet haben oder sie als Kind am Weltspartag ihr Geld dorthin gebracht haben. Unsere Kunden wissen, dass sie sich auf ihre Sparkasse verlassen können.
Einmal alle Gebühren auf ein ganzes Jahr zusammengerechnet: Was ist denn aus Ihrer Sicht ein fairer Preis fürs Girokonto?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Das kommt ganz auf die Ansprüche und Erwartungen unserer Kundinnen und Kunden an. Deswegen bieten die 394 deutschen Sparkassen ja auch eine Fülle unterschiedlicher Kontomodelle an. Jeder Kunde kann sich dann für das Modell entscheiden, das für ihn passend erscheint. Wichtig ist doch vor allem, dass man seinen Kunden alles transparent, verständlich und nachvollziehbar erklärt. Die Kunden informieren sich heute schon sehr genau im Internet über Angebot und Leistung – egal bei welcher Dienstleistung.
Und doch stellen viele Sparkassen ihre Preis- und Leistungsverzeichnisse, in denen alle Gebühren aufgelistet sind, nicht im Internet zur Verfügung. Wie erklären Sie sich das?
Hier gibt es in der Tat noch Unterschiede, einige Häuser stellen alles auf ihrer Homepage ein, andere konzentrieren sich stärker darauf, die Informationen in der Filiale vorzuhalten, weil sie wissen, dass nicht alle ihrer Kunden über einen Internetzugang verfügen.
„Sparer müssen heute mehr sparen denn je, um ihre Sparziele zu erreichen.“
Gebühren für das Girokonto sind das Eine, Strafzinsen das Andere. Die Sparkasse Köln-Bonn hat inzwischen Strafzinsen für vermögende Sparer eingeführt. Glauben Sie, dass sie damit einen Stein ins Rollen gebracht hat?
Die Sparkasse Köln-Bonn hat nach eigenen Angaben etwa zehn besonders vermögenden Kunden mitgeteilt, dass sie ihnen einen Teil des Negativzinses, den die Banken schon seit Jahren an die EZB zahlen müssen, in Form eines Verwahrentgeltes weiterreichen wird. Die betroffenen Kunden haben darauf mit Verständnis reagiert. Bei diesen Summen – wir bewegen uns hier im Millionenbereich – muss man von Investoren reden. In einem solchen Fall leisten die Gebühren doch einen wesentlichen Beitrag, um die Sparer vor der breiten und großflächigen Einführung von Verwahrentgelten zu verschonen.
Für wie ausgeschlossen halten Sie es denn, dass Kleinsparer Strafzinsen zahlen müssen? Oder anders formuliert: Was müsste denn Ihrer Ansicht nach passieren, damit die Sparkassen auch von Kleinsparern Strafzinsen verlangen?
Das ist zunächst eine Frage, über die jede Sparkasse selbst entscheidet. Seien Sie versichert, dass die Institute alles tun, um genau das zu verhindern. Auch wenn das immer schwieriger wird, je länger diese Niedrigzinsphase anhält. Trotzdem subventionieren alle Sparkassen die von der EZB herbeigeführten Zinsbelastungen immer noch nahezu in vollem Umfang, indem sie eben keine Verwahrentgelte für Sparer eingeführt haben. Wir brauchen jetzt nach den aus europäischer Sicht erfreulichen Wahlausgängen in den Niederlanden, Österreich und Frankreich auch ein deutliches Signal der EZB, dass man auf die sich stabilisierenden politischen Rahmenbedingungen reagiert – also ein erstes Zeichen für einen langsamen Einstieg in den Ausstieg aus der Niedrigzinsphase.
Auch wenn Sparer keine Zinsen zahlen müssen, so müssen sie sich zumindest mit den niedrigen (oder gar keinen) Zinsen zufriedengeben. Finden sie, dass sich Sparen dann überhaupt noch lohnt?
Selbstverständlich – Sparer müssen heute sogar noch mehr sparen denn je, um ihre Sparziele zu erreichen. Jahrzehntelang bewährte Produkte mit Garantie sind ja selten geworden. Es gibt aber gute Alternativen, die unter Umständen auch etwas mehr Risiko erfordern. Genau diese Risikobereitschaft wird in einem Beratungsgespräch mit der Beraterin oder dem Berater der örtlichen Sparkasse ermittelt. Kunden der Sparkassen haben im vergangenen Jahr in Summe 41,4 Milliarden Euro an zusätzlichem Vermögen gebildet. Es gibt also durchaus noch solide Möglichkeiten, Vermögen aufzubauen.
„Der durchschnittliche Kunde geht heute nur noch einmal im Jahr in die Filiale, ruft aber über 100 Mal im Jahr seinen Kontostand mit der App ab.“
Mit Yomo arbeiten inzwischen zehn Sparkassen unter Federführung der Stadtsparkasse München an einem reinen Smartphonekonto, das sich an junge Leute richtet. Wie sieht denn die Zukunft des Sparkassen-Girokontos über Yomo hinweg aus? Gibt es konkrete Pläne, wie digital die Sparkassen werden wollen?
Die Sparkassen sind bereits sehr digital. Mit über 17 Millionen ausschließlich online geführten Girokonten sind wir nicht nur Deutschlands größte Onlinebank. Seit November haben sich auch über 360.000 Sparkassen-Kunden für unseren Peer-to-Peer-Bezahldienst Kwitt registriert. Damit sind wir der erfolgreichste Anbieter eines Dienstes, mit dem Kunden einfach Geld von Handy zu Handy überweisen. Yomo ist ein gutes Beispiel für dezentralisierte neue und innovative Dienste bei den Sparkassen. Yomo ist, wie Sie schon erwähnten, kein Projekt des DSGV, sondern von zehn Sparkassen. Diese Häuser können jetzt etwas ausprobieren, ohne Rücksicht auf eine Konzernstrategie oder Beschränkungen der IT-Systeme nehmen zu müssen. Wenn die Kunden und Häuser zufrieden mit Yomo sind, können und wollen wir es dann in einem zweiten Schritt allen Sparkassen zur Verfügung stellen.
Wie digital ist der typische Kunde einer Sparkasse überhaupt? Welche Veränderungen bemerken Sie bei Ihren Kunden und wie stellen sich die Sparkassen darauf ein?
Der durchschnittliche Kunde geht heute nur noch einmal im Jahr in die Filiale, ruft aber über 100 Mal im Jahr seinen Kontostand mit der App auf. Die Sparkassen-Apps sind ja die meistgenutzten Banking-Apps in Deutschland und allein über sie erzielen die Sparkassen über 800 Millionen Kundenkontakte jährlich. Wir haben deswegen viel Geld in den Ausbau digitaler Zugangswege investiert, Beratungen per Video oder Chat werden bald flächendeckend Einzug halten. Und schon heute sind unsere Kunden begeistert über die neuen digitalen Angebote rund um das Girokonto: Allein in den letzten beiden Jahren sind Paydirekt für das sichere Bezahlen beim Online-Shoppen, die praktische Fotoüberweisung in der App oder eben Kwitt hinzugekommen. Der deutsche Marktführer braucht sich hier nicht zu verstecken.
Über Georg Fahrenschon und den DSGV
Georg Fahrenschon ist seit 2012 Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) und Mitglied in verschiedenen Verwaltungs- und Aufsichtsräten, darunter etwa im Verwaltungsrat der Bundeanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin). Vor seiner jetzigen Tätigkeit war er von 2002 bis 2007 Mitglied im Finanzausschuss, ab 2005 zusätzlich im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, ehe er 2007 zum Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium und 2008 schließlich zum Bayerischen Staatsminister der Finanzen ernannt wurde. Dieses Amt legte er 2011 nieder, kurz bevor er zum neuen DSGV-Präsidenten gewählt wurde.
Der DSGV ist der Dachverband und Interessenvertreter der Sparkassen-Finanzgruppe und vereint unter sich 394 Sparkassen sowie verschiedene Landesbanken, Landesbausparkassen und weitere Finanzdienstleister. Sämtliche dem DSGV angehörigen Geldhäuser sind eigenständig und können daher etwa ihre Gebührenordnungen je nach regionaler Marktlage selbst festlegen.