Digitale Assistenten wie Alexa und Chatbots in Messengern lassen Bankgeschäfte zur Nebensache werden. In gar nicht so ferner Zukunft könnten Zahlungen vollautomatisch ablaufen und komplett aus unserem Bewusstsein verschwinden.
„Alexa, überweise 200 Euro an Anna“ – so könnten wir schon bald alltägliche Bankgeschäfte erledigen. Nicht in der Filiale, nicht im Online-Banking oder mit einer Banking-App auf dem Smartphone, sondern mit der eigenen Stimme und einem digitalen Assistenten, kurz: per sogenanntem Voice Banking. In dem Moment, wo uns eine zu erledigende Überweisung in den Kopf kommt, sprechen wir den Gedanken aus, über ein im Wohnzimmer aufgestelltes Gerät wie Amazon Echo hört die digitale Assistentin Alexa mit, und nach erfolgreicher Legitimierung wird die Zahlung an den genannten Empfänger ausgeführt – künstliche Intelligenz macht es möglich. Was nach Science Fiction klingt, ist heute bereits technisch machbar. Ein Team von Star Finanz, einem zu den Sparkassen gehörenden IT-Unternehmen, entwickelte im letzten Jahr eine Banking-Funktion für Amazons Alexa, mit der sich der Kontostand abfragen und Geld überweisen lässt.
Voice Banking ist ein Beispiel dafür, wie schnell und grundlegend sich die Art und Weise ändert, mit der wir unsere Bankgeschäfte erledigen. Begonnen hat alles in der Filiale, Online-Banking machte Transaktionen auch vom heimischen Sofa aus möglich und mit dem Smartphone wurde das Banking mobil. Durch Voice Banking, Messenger Banking und Chatbots soll Banking in Zukunft für den Kunden vor allem eins werden: Nebensache.
Wer ist Alexa?
Alexa ist der digitale Sprachassistent von Amazon. Integriert ist er in das Audiosystem Amazon Echo, aktiviert wird er über Sprachbefehle. Ähnlich wie bei Apples digitalem Sprachassistenten Siri fungiert Alexa als akustische Schnittstelle zwischen dem Menschen und dem Internet. Beispielsweise lassen sich so Wetter-, Börsen- oder Sportdaten abfragen oder Online-Suchen per Sprache durchführen. In den USA können Kunden der Bank Capital One auch schon Bankgeschäfte über Alexa erledigen.
Alexa, übernehmen Sie!
Geld per Sprachbefehl über Alexa zu senden funktioniert nach einem Youtube-Video von Star Finanz so: Der Verbraucher sagt Alexa, dass er Geld an einen Freund überweisen will. Daraufhin bittet ihn die digitale Assistentin zur Autorisierung in freundlichem Ton um seinen vierstelligen Zugangscode. Nachdem der Nutzer diesen aufgesagt hat, kann er seinen Kontostand abfragen oder eine Überweisung in Auftrag geben. Alexa fragt dann nach dem Verwendungszweck und schickt eine TAN auf das Smartphone des Nutzers. Nachdem dieser die TAN genannt hat, wird die Überweisung ausgeführt – kein Einloggen wie beim Online-Banking, kein Eintippen einer IBAN, kein Abtippen einer TAN. Bei Überweisungen von Beträgen unter 30 Euro ist noch nicht einmal eine TAN erforderlich. Während der Verbraucher eine Überweisung per Voice Banking in Auftrag gibt, kann er seine Aufmerksamkeit bequem auf andere Dinge richten – beispielsweise weiter online einkaufen. Derzeit sucht Star Finanz gerade Tester für ihren Alexa-Service für die Sparkasse.
Neben Star Finanz hat auch die amerikanische Bank Capital One eine ähnliche Funktion für Alexa entwickelt. Über die Alexa-App auf ihrem Smartphone können Kunden in den USA nach der Anwendung von Capital One für Alexa suchen und diese anschließend für Alexa installieren. Dazu geben sie ihre Capital One-Zugangsdaten ein und erstellen eine PIN. Danach können sie ihre Bankgeschäfte über Alexa regeln.
Voice Banking mit Siri
Voice Banking über Alexa steckt noch in den Kinderschuhen und kann in Deutschland noch nicht genutzt werden. Dagegen bietet die Deutsche Bank seit Mai iPhone-Besitzern über die Deutsche-Bank-App die Möglichkeit, Überweisungen mit Apples Sprachassistentin Siri auf den Weg zu bringen. Auch hier können Nutzer Überweisungen per Zuruf in Auftrag geben. Laut Handelsblatt erkennt Siri Betrag, Empfänger und Verwendungszweck und durchsucht Freundeslisten und gespeicherte Überweisungsvorlagen in der App nach den Kontodaten. Anschließend muss der Nutzer die Überweisung nur noch per TAN autorisieren. Voraussetzung ist, dass das Apple-Betriebssystem iOS10 auf dem Smartphone installiert ist. Darüber hinaus müssen die Kontodaten der Kontakte in der App gespeichert sein.
Auf einen Chat mit dem Roboter
Etwas persönlicher erscheint künstliche Intelligenz dagegen in einer anderen Umgebung, beispielsweise im Messenger von Facebook. In Zukunft könnte die Kommunikation zwischen Bank und Kunden auch über Chatbots geführt werden, die genau auf die individuellen Bedürfnisse des Nutzers eingehen können. Dabei handelt es sich um Programme, die fast wie ein lebendiger Gesprächspartner mit einem Kunden kommunizieren. Kunden der Targobank können auf der Internetseite des Geldinstituts bereits den Chatbot „Lena“ nutzen, der bislang jedoch nur interaktiv über Anlagemöglichkeiten informiert: In ein Suchfeld gibt der Besucher der Webseite eine Frage ein, Lena gibt in Textform eine Antwort darauf.
Beim Messenger Banking werden ebenfalls Chatbots eingesetzt. Dahinter steckt die Idee, dass Kunden künftig einfach per Messenger eine Anfrage an die Bank schicken, die dann von einem Chatbot in Sekundenschnelle im Chat beantwortet wird, auch außerhalb von Banköffnungszeiten. So könnte der Kunde nicht nur den Kontostand abfragen, sondern auch Überweisungen in Auftrag geben und Zahlungen tätigen.
Messenger Banking birgt mehrere Vorteile für den Kunden und die Bank. Für den Großteil der Kunden ist der Gebrauch von Messengern bereits Gewohnheit. Außerdem kann die Bank dem Kunden auf diese Weise individuelle Angebote unterbreiten. Denn der Chatbot am anderen Ende der Leitung lernt mit und kann dem Kunden aufgrund von Daten aus seiner bisherigen Banking- und Chathistorie maßgeschneiderte Angebote machen. Hier ist die künstliche Intelligenz von Chatbots besonders von Nutzen für die Bank. Ziel ist es, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Angebote zu machen.
Genauso wie Voice Banking verfolgt auch Messenger Banking die Idee, Zahlungen für den Kunden zur Nebensache zu machen. Messenger Banking gibt es schon, wenn auch noch nicht in Deutschland. Die amerikanische Ally Bank hat laut dem Bank-Blog bereits 2015 einen Chatbot names Ally Assist für ihre Smartphone-App eingeführt. Und der Bezahldienst Paypal bietet Nutzern des Messengers Slack künftig die Option, Überweisungen direkt im Chat mit Freunden vorzunehmen.
In Zukunft wird Bezahlen automatisiert
Voice Banking und Chatbots verändern die Art, wie wir unsere Finanzen regeln. Die Einbindung von künstlicher Intelligenz in Bankgeschäfte scheint allerdings erst am Anfang zu stehen. Denkbar sind noch ganz andere Anwendungsmöglichkeiten, vor allem in Verbindung mit Smart Homes. Hier könnten Zahlungen für den Kunden wirklich zur Nebensache werden, etwa wenn der Kühlschrank von selbst neue Milch bestellt und die Zahlung im Zuge dessen automatisch in Auftrag gibt. Das Internet der Dinge, also untereinander vernetzte Geräte, sollen vollkommen autonome Zahlungen ermöglichen. Im Zusammenhang mit der Idee eines digitalen Bahntickets sagte beispielsweise Bahnchef Richard Lutz gegenüber Spiegel-Online: „Der Zug kann dann über das Handy eines Passagiers erkennen, dass er eingestiegen ist. Je nachdem, wo er aussteigt, wird die Fahrt automatisch abgerechnet.“
Deutlich machen diese Beispiele: Geldgeschäfte wie Zahlungen oder Überweisungen sind womöglich in naher Zukunft kein eigener Vorgang mehr, an den der Einzelne extra denken oder den er eigens ausführen muss. Sie werden stattdessen zum Beispiel an digitale Assistenten wie Alexa oder an Chatbots im Facebook Messenger ausgelagert und dadurch Bestandteil einer gewöhnlichen Unterhaltung. Im nächsten Schritt könnten untereinander vernetzte Geräte automatisch für uns zahlen. Im Interview mit dem Business Insider bestätigte Volker Steinle, der Deutschlandchef des Zahlungsdienstleisters Adyen, diese Entwicklung: „Der Trend geht dahin, dass der Zahlvorgang komplett aus dem Bewusstsein der Kunden rausgehalten wird.“