Manche Automobilexperten rechnen fest mit baldigen Fahrverboten für Diesel. Wer Diesel fährt, mag da bereits über einen Verkauf des Wagens nachdenken. Doch geht das überhaupt, solange Sie den Kredit für das Auto noch abbezahlen?
Die Schlagzeilen zur Zukunft des Dieselmotors waren schon mal besser, findet Herr Huber. Vor verschiedenen deutschen Gerichten wurde oder wird gerade über Fahrverbote für die Fahrzeuge verhandelt, wie er in den Nachrichten hört. Betroffen sind München, Stuttgart, Düsseldorf und noch etliche weitere Großstädte. Hinter zahlreichen Klagen zu diesem Thema steht der Umwelt- und Verbraucherschutzverein Deutsche Umwelthilfe. Nach der Einschätzung von dessen Geschäftsführer Jürgen Resch wird es schon im kommenden Jahr die ersten Fahrverbote für Diesel in deutschen Großstädten geben. Das sagte Resch gegenüber dem Stern. Bereits „zum Jahresbeginn 2018“ soll es soweit sein, da sei er sich sicher. Auch der ehemalige Chefvolkswirt von BMW, Helmut Becker, glaubt, dass die Gerichte bald Fahrverbote anordnen werden. „Spätestens im Winter“ dürften die ersten verhängt werden. Diese Prognose äußerte er Anfang August im Interview mit t-online.de.
Die ganze Diskussion verfolgt Herr Huber mit großem Interesse – schließlich fährt der fiktive Protagonist unserer Geschichte einen Diesel. Was ein Fahrverbot für Diesel-Besitzer bedeuten würde, ist längst nicht ausgemacht. Offen ist unter anderem, welche Fahrzeuge und welche Verkehrswege überhaupt betroffen wären. Sicher dagegen ist, dass die Diesel-Debatte auf dem Gebrauchtwagenmarkt längst angekommen ist. Das Diesel-Barometer der Deutschen Automobil Treuhand vom Juli dieses Jahres spricht von Abschlägen „in erheblichem Umfang“ auf die Preise von gebrauchten Dieseln in den möglichen Fahrverbotsregionen.
Also besser gleich verkaufen, bevor alles noch schlimmer kommt? Diese Frage muss jeder Autobesitzer selbst beantworten. Wer mit seinem Diesel ohnehin nicht in den Innenstädten unterwegs ist, muss sich darüber wohl erstmal keine Gedanken machen. Herr Huber allerdings braucht seinen Wagen, um täglich in die Innenstadt zur Arbeit zu kommen. Unweigerlich denkt er daher jetzt über einen Verkauf nach.
Mit der Sicherungsübereignung gehört das Auto der Bank
Vor drei Jahren finanzierte er seinen gebrauchten Diesel per Bankkredit mit einer Laufzeit von fünf Jahren. Damals schien es ein hervorragendes Geschäft zu sein. Die Zinsen waren günstig, der Diesel galt als umweltfreundlich und sparsam. Der Arbeitsplatz von Herrn Huber war sicher und die Kreditraten kein Problem. Mit dem Kredit sicherte sich Herr Huber beim Händler dazu einen
Barzahlerrabatt.
Heute sieht die Lage anders aus. Ein Fahrverbot würde das Auto für ihn wertlos machen. Bevor es dazu kommt oder die Preise am Gebrauchtwagenmarkt noch weiter in den Keller gehen, möchte er den Wagen lieber loswerden, obwohl er das Darlehen von einst noch nicht vollständig zurückgezahlt hat. Herrn Huber geht es wie vielen Autokreditnehmern, denen das vor wenigen Jahren erst finanzierte Fahrzeug nicht mehr in die Lebensplanung passt, sei es wegen eines Jobwechsels, der Familienplanung oder wegen eines drohenden Fahrverbots.
Das Problem:
Autokredite sind
an den Verwendungszweck gebunden. Das finanzierte Fahrzeug dient der Bank als Sicherheit. Selbst wenn die Zulassungsbescheinigung Teil II (früher: Fahrzeugbrief) nicht immer im Original an die Bank geht, unterschreiben Kreditnehmer beim Vertragsabschluss häufig eine sogenannte
Sicherungsübereignung. Die Bank sichert sich damit die Möglichkeit, das Fahrzeug zu Geld zu machen, sollte der Kreditnehmer seine Raten nicht bezahlen. Rechtlich gesehen ist die Bank damit Eigentümer des Wagens. Ob und unter welchen Umständen Herr Huber das Fahrzeug während der Kreditlaufzeit verkaufen kann, liegt damit im Ermessen der Bank.
Flexible Autokredite im Vorteil
Zum Glück hat Herr Huber schon beim Kreditvergleich nicht nur auf die Zinsen, sondern auch auf die
Flexibilität bei der Rückzahlung geachtet. Er kann seinen Autokredit grundsätzlich jederzeit ablösen, ohne dafür eine
Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen. Andere Kreditnehmer müssen bis zu einem Prozent der Restkreditsumme bezahlen, um den Kredit auf einen Schlag zu tilgen. Mit dieser Gebühr lässt sich die Bank für die entgangenen Zinsen entschädigen. Eine andere interessante Alternative wäre eine
Ballonfinanzierung gewesen. Bei diesem Finanzierungsmodell zahlen Kreditnehmer während der Laufzeit niedrigere Raten und zum Ende der Laufzeit eine hohe Schlussrate. Die ließe sich etwa mit dem Verkaufserlös begleichen.
Jederzeit verkaufen könnte Herr Huber das Auto auch, hätte er es mit einem
Kredit ohne Zweckbindung finanziert. Doch wie es häufig der Fall ist, war der klassische Autokredit günstiger als die infrage kommenden Kredite mit freier Verwendung. Ein Kredit ohne Zweckbindung hätte auch nach einem Verkauf des Wagens weiterlaufen können. Ob Herr Huber sich vom Erlös dann ein anderes Auto gekauft oder den Kredit vollständig getilgt hätte, wäre seine Entscheidung gewesen. Auch gibt es Autokredite, bei denen die Banken keine Sicherungsübereignung voraussetzen. So etwa der Autokredit der ING-DiBa: Wer sein Auto damit finanziert, schickt nach dem Kauf lediglich eine Kopie des Kaufvertrages an die Bank. Die Zulassungsbescheinigung Teil II bleibt beim Käufer.
Die Bank entscheidet – fast immer: Wie die Geldhäuser mit so einem Verkaufswunsch umgehen, ist ganz unterschiedlich. Das zeigt etwa eine 2015 durchgeführte Befragung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Bei manchen Autokrediten dient das Fahrzeug gar nicht als rechtliche Sicherheit, etwa bei der ING-DiBa. Andere verlassen sich auf die Sicherungsübereignung, während die Zulassungsbescheinigung Teil II im Original beim Kreditnehmer bleibt, zum Beispiel die Landesbank Berlin, die hinter dem ADAC-Autokredit steht. Anders sieht es etwa bei der Bank of Scotland aus. Um ein über diese Bank finanziertes Auto wieder verkaufen zu können, müssen Kreditnehmer eine Kopie des Kaufvertrags einreichen, bevor die Bank ihnen die Zulassungsbescheinigung wieder aushändigt. Kunden der VW-Bank bekommen die Bescheinigung erst zurück, nachdem der Kredit bereits vollständig beglichen wurde.
Neues Auto, alter Kredit?
Eine Möglichkeit, die Herr Huber nun hätte, wäre also, das alte Darlehen mit dem Verkaufserlös für den alten Diesel zurückzuzahlen – und anschließend das neue Auto zu kaufen, wofür er ein neues Darlehen aufnehmen könnte. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, den alten Kredit
auf das neue Fahrzeug zu übertragen. In diesem Fall würde er weiter monatlich die gewohnte Rate bezahlen. Ist die Bank einverstanden, bekommt Herr Huber die alte Zulassungsbescheinigung Teil II quasi im Tausch gegen die neue. Ob und unter welchen Umständen der Kreditgeber sich auf so einem Tausch einlässt, müsste Herr Huber vorher in Erfahrung bringen. Möglich wäre das beispielsweise beim Autokredit des ADAC, wie ein Sprecher des Verbands auf Anfrage von CHECK24 mitteilte. Bedingung dafür sei ein neuer Sicherungsübereignungsvertrag und eine Kopie der Zulassungsbescheinigung Teil II für das neue Auto.
Für Herrn Huber kommen aber beide Varianten nicht infrage. Er muss ja noch das neue Fahrzeug finanzieren. Das soll zwar wieder ein verhältnismäßig günstiger Gebrauchtwagen werden. Doch das Wunschauto ist noch immer zu teuer, um es auf einen Schlag nur vom Erlös des alten Diesels zu bezahlen. Die von der Automobilindustrie ausgelobten Rabattaktionen für Fahrer alter Diesel zielen auf Neuwagenkäufer und helfen Herrn Huber bei seinen Plänen damit ebenfalls nicht weiter. Wie also löst Herr Huber sein Problem?
Das Risiko Restschuld: Nachdem sich Herr Huber beim Händler über den Restwert seines Wagens und bei seiner Bank über die Höhe der Restschuld erkundigt hat, staunt er nicht schlecht: Die Restschuld ist deutlich höher als der Restwert des Wagens. Und das muss noch nicht mal an den Abgaswerten liegen: Autos verlieren meist in den ersten Jahren besonders schnell an Wert. Der Restbetrag eines Ratenkredits sinkt in dieser Zeit oft langsamer. So kann es passieren, dass der Verkaufserlös nicht ausreicht, um die Restschuld zu tilgen.
Umschulden oder aufstocken?
An sich könnte Herr Huber seinen bestehenden Kredit auch noch auf einen höheren Betrag
aufstocken. Dabei liegt es wiederum im Entscheidungsspielraum der Bank, unter welchen Umständen sie ihm diese Möglichkeit eröffnet. Dient das alte Fahrzeug als Sicherheit des Kredits, müsste sie entsprechend auch das neue als Sicherheit akzeptieren.
Noch interessanter wäre es für ihn aber, den alten Autokredit mit einem neuen,
höheren Darlehen abzulösen – und das neue Auto damit zu finanzieren. So kann Herr Huber zugleich von den inzwischen
erneut gesunkenen Kreditzinsen profitieren. Dazu hat er jetzt
einen weiteren Vorteil auf seiner Seite: Herr Huber hat inzwischen geheiratet. Das neue Darlehen kann er gemeinsam mit seiner Frau aufnehmen – das gemeinsame Einkommen ist höher als seines allein. Wahrscheinlich wird die Bank das bei der Einstufung seiner Kreditwürdigkeit berücksichtigen und die Zinsen entsprechend noch günstiger gestalten. Zusammen mit dem Verkaufserlös reicht das Geld schließlich sogar für ein schickes Cabrio, das sich Herr Huber schon seit Jahren gewünscht hat und das als Gebrauchtwagen mittlerweile günstig zu haben ist.
Jeder Fall ist anders: Wie günstig Kredite sind und zu welchen Bedingungen sie sich ablösen oder umschulden lassen, hängt immer von vielen verschiedenen Gegebenheiten ab. Nur, wer einen guten Überblick über die finanziellen Verhältnisse bewahrt und richtig vergleicht, findet in der Regel auch die beste Lösung.