Der Bundesfinanzhof hat in zwei Urteilen zur doppelten Besteuerung von Altersrenten entschieden. Beide Klagen wiesen die Richter ab. Trotzdem haben sie Folgen: Die Besteuerung für künftige Rentner muss geändert werden, dem Staat drohen Steuerausfälle in Milliardenhöhe.
Einkommenssteuererklärung: Die Regeln zur Besteuerung von Renten müssen nach einem Urteil des BFH geändert werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am Montag zwei Urteile zur doppelten Besteuerung von
Altersrenten veröffentlicht. Der BFH wies die Klagen zweier Rentner zurück. In beiden Fällen liege keine Doppelbesteuerung vor, urteilten die Richter.
Geklagt hatte im ersten Fall ein 78-jähriger ehemaliger Steuerberater aus Baden-Württemberg (Aktenzeichen: X R33/19), der seit 2007 eine Altersrente bezieht. Er hatte gegen die Besteuerung seiner Rente im Jahr 2008 geklagt. Seiner Ansicht nach war die Besteuerung zu hoch, es liege eine doppelte Besteuerung vor.
Der BFH wies seine Revision gegen ein früheres Urteil zurück. Allerdings legten die Richter erstmals konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung fest, die künftig zahlreiche Rentner betreffen dürfte.
Zum steuerfreien Bezug zählen auch Freibeträge eines Hinterbliebenen
Eine doppelte Besteuerung liegt vor, wenn die Summe der steuerfrei bezogenen Renten geringer ausfällt als die aus dem versteuerten Einkommen gezahlten Rentenbeiträge. Die Inflation ist dabei nach Ansicht des Gerichts nicht zu berücksichtigen. Daher können Rentensteigerungen besteuert werden.
Der BFH hat klargestellt, dass zum steuerfreien Bezug die jährlichen Rentenfreibeträge des Rentners sowie die eines länger lebenden Ehegatten – bei einer Witwen- oder Witwerrente – zählen. Alle weiteren Beträge, welche die Finanzämter berücksichtigen wollten, bleiben jedoch außen vor. Das beinhaltet vor allem den steuerlichen Grundfreibetrag, der das Existenzminimum absichern soll, sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Rentners. Diese dürfen laut dem Urteil nicht mehr zum steuerfreien Rentenbezug gerechnet werden.
BFH: Künftigen Rentner droht eine Doppelbesteuerung
Die Bundesrichter sehen auf viele Rentner künftig eine zu hohe Steuerlast zukommen. Für spätere Rentenjahrgänge zeichne sich eine doppelte Besteuerung ab, teilte der BFH mit.
Das Bundesfinanzministerium muss nach dem Urteil die Regeln für die Besteuerung anpassen.
Die nötige Reform könnte den Staat Milliarden kosten. Nach einem Bericht des Handelsblatts prognostiziert das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Mindereinnahmen von schätzungsweise 90 Milliarden Euro zwischen 2020 und 2040.
Bei privaten Renten gibt es keine Doppelbesteuerung
In einem zweiten Urteil (X R20/19) hat der BFH klargestellt, dass es bei
privaten Rentenprodukten außerhalb der Basisversorgung keine Doppelbesteuerung geben kann. Es wies damit die Klage eines ehemaligen Zahnarztes aus Hessen zurück.
Dieser meinte, seine gesetzliche Altersrente, eine seiner
Rürup-Renten sowie mehrere private Renten würden unzulässigerweise doppelt besteuert.
Bei privaten Rentenversicherungen, die lediglich mit dem Ertragsanteil besteuert werden, kann es aus Sicht der Richter per se nicht zu einer doppelten Besteuerung kommen. Diese Art der Besteuerung erfordere nicht, dass die Beitragszahlungen in der Ansparphase steuerfrei sein müssten, urteilte der BFH.
Hintergrund: Besteuerung der Renten seit 2005
Bis 2004 wurden die
gesetzlichen Renten nur mit einem geringen Anteil – dem Ertragsanteil – besteuert. In der Praxis mussten Rentner, die neben der Rente keine weiteren Einkünfte hatten, bis dahin keine Einkommenssteuer zahlen.
Beamte zahlen keine Beiträge für ihre
Altersvorsorge und müssen ihre Pensionen seit jeher voll versteuern. Das Bundesverfassungsgericht hielt 2002 diese Ungleichbehandlung bei der Besteuerung jedoch für verfassungswidrig. Die Besteuerung der Renten musste daraufhin geändert werden.
Seit dem Jahr 2004 gibt es eine Übergangsphase, in welcher die gesetzlichen Renten zunehmend nachgelagert besteuert werden. Im Jahr 2040 wird die volle gesetzliche Rente steuerpflichtig sein. Wer 2021 in Rente geht, muss beispielsweise 81 Prozent seiner Altersbezüge versteuern.
Im Gegenzug können Arbeitnehmer die Beiträge zur Rentenversicherung stufenweise von der Steuer absetzen. Auch hier hat die Übergangsphase 2005 begonnen, enden wird sie aber bereits im Jahr 2025. Dann lassen sich die kompletten Rentenbeiträge steuerlich absetzen.