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Schon seit Jahrtausenden nutzt die Menschheit die Kraft des Wassers zur Energiegewinnung. Doch aus den altertümlichen Wassermühlen sind heute riesige Wasserkraftwerke geworden, die große Mengen an Ökostrom erzeugen können. In unserem Ratgeber erfahren Sie mehr über Wasserkraftwerke und ihre Bedeutung.
In einem Wasserkraftwerk wird die kinetische Energie des Wassers in elektrische Energie umgewandelt. Die Umwandlung der Wasserkraft in elektrische Energie erfolgt mittels Turbinen an Flüssen, Staudämmen oder in Gezeitenkraftwerken auf dem offenen Meer. In Wasserkraftwerken wird zunächst Wasser durch eine Mauer oder eine Talsperre aufgestaut. Dabei liegt das aufgestaute Wasser immer auf einer erhöhten Ebene. Um Energie zu gewinnen, wird das Wasser über ein Gefälle auf Turbinen oder Wasserräder geleitet. Die Turbinen wiederum treiben ein Getriebe oder einen elektrischen Generator an, der die kinetische Energie in Strom umwandelt. Damit der Strom direkt ins Stromnetz eingespeist werden kann, sind viele Wasserkraftanlagen an ein Umspannwerk gekoppelt. Wasserkraftwerke werden in zwei Typen unterteilt: Laufwasserkraftwerke und Speicherkraftwerke.
Wie viel Strom ein Wasserkraftwerk erzeugt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Je mehr Wasser durch die Turbinen fließt, desto mehr grüner Strom kann gewonnen werden. Auch die Höhe des Gefälles ist entscheidend: je höher das Gefälle, desto größer der Wirkungsgrad. Um eine Kilowattstunde Strom zu erzeugen, müssen rund 400.000 Liter Wasser über ein Gefälle (Höhe: ca. 1 Meter) geleitet werden. Die erzeugte Strommenge hängt in erster Linie von der Menge des fließenden Wassers und der Höhendifferenz ab. Mit modernster Technik erreicht ein Wasserkraftwerk heute einen Wirkungsgrad von über 90 Prozent.
Im Jahr 2018 lieferten alle Wasserkraftwerke in Deutschland zusammen rund 17 Terrawattstunden Strom. Im deutschen Strommix 2018 stammten somit 3,9 Prozent aus Wasserkraft. Mit dieser Strommenge könnte man zum Beispiel ganz Berlin ein Jahr lang mit Strom versorgen. Abgedeckt wären dabei nicht nur Privathaushalte, sondern auch Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und der Schienenverkehr. Die Statistik "Bruttostromerzeugung aus Wasserkraft in Deutschland (in TWh)" zeigt, wie viel Ökostrom Wasserkraftwerke in den Jahren 1990 bis 2018 produziert haben.
Die meisten Wasserkraftanlagen in Deutschland sind Laufwasserkraftwerke. Ein Laufkraftwerk wird an Flüssen oder Bächen installiert und nutzt die Strömung zur Energiegewinnung. Das Gefälle in einem Flusskraftwerk ist niedrig, die durchströmenden Wassermengen sind groß. Laufwasserkraftwerke sind rund um die Uhr in Betrieb und decken den Strombedarf der Grundlast. In Laufwasserkraftwerken werden meist Kaplan-Turbinen verwendet, aber auch Francis-Turbinen sind üblich. Im Jahr 1895 wurde das erste große Laufkraftwerk an den Niagarafällen in Betrieb genommen. In Deutschland wurde das erste Flusskraftwerk 1890 in Bad Reichenhall eröffnet.
Bei Speicherkraftwerken wird Wasser durch eine Staumauer aufgestaut und in einem Speichersee zurückgehalten. Von dem hoch gelegenen Speichersee wird das Wasser über Rohrleitungen auf die Turbinen des unten gelegenen Wasserkraftwerks geleitet. In Speicherkraftwerken werden je nach Höhe des Wassergefälles Francis-Turbinen oder Pelton-Turbinen genutzt. Als sogenannte Spitzenleistungs-Kraftwerke kommen sie nur bei erhöhtem Strombedarf zum Einsatz. Ansonsten dienen Speicherkraftwerke als Trinkwasserreservoir und zum Hochwasserschutz.
Wellenkraftwerke arbeiten mit der Kraft des Wellenschlags. Dazu werden die Wellen in eine Betonkammer geleitet, dort presst das Wasser die Luft zusammen. Die zusammengepresste Luft wiederum treibt die Turbinen an. Wenn die Welle zurückschwappt, entsteht in der Betonkammer ein Unterdruck, der ebenfalls zum Antrieb der Turbinen genutzt wird.
Auch Ebbe und Flut lassen sich zur Stromgewinnung nutzen. Für ein Gezeitenkraftwerk muss der Unterschied zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Wasserstand, der sogenannte Tidenhub, relativ hoch (ca. 10-15 Meter) sein. An nur wenigen Meerengen herrscht ein derart großer Tidenhub, dass ein Gezeitenkraftwerk betrieben werden kann. Jahrelang war das französische Gezeitenkraftwerk Rance mit einem Tidenhub von bis zu 16 Metern das größte Gezeitenkraftwerk der Welt. Im Jahr 2011 wurde es von dem Gezeitenkraftwerk Sihwa-ho an der südkoreanischen Küste abgelöst.
Ein neues Kleinwasserkraftwerk (Leistung 70 - 1.000 kW) kostet zwischen 8.500 und 10.000 Euro pro Kilowatt installierter Leistung. Bei einem kleinen Wasserkraftwerk mit einer installierten Leistung von 70 kW belaufen sich die Kosten etwa auf rund 600.000 Euro. Die Stromgestehungskosten solcher Kleinwasserkraftwerke liegen zwischen 10 und 20 Cent pro Kilowattstunde, wenn man von 4.000 bis 5.000 Volllaststunden ausgeht. Als Stromgestehungskosten werden die Kosten bezeichnet, die notwendig sind, um eine Energieform in elektrischen Strom umzuwandeln. In Deutschland gibt es ungefähr 5.100 Kleinwasserkraftwerke, die zum Teil privat genutzt werden. Doch anders als bei Photovoltaik ist Wasserkraft für den Privatgebrauch eher unüblich, da die Anlagen einerseits sehr teuer sind und andererseits die Gesetzeslage deutlich strenger ist. Die Genehmigungsverfahren für ein Wasserkraftwerk sind sehr langwierig und kompliziert. Wer ein privates Wasserkraftwerk errichten möchte, muss eine Genehmigung nach dem Wasserrecht einholen. Verbraucher, die die strengen Kriterien erfüllen und ein Wasserkraftwerk errichten, erhalten Zuschüsse nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz.
Laufwasserkraftwerk | Technische Daten |
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Installierte Leistung | 800 kW |
Strommenge | 3,2 Mio. kWh pro Jahr |
Investitionskosten | 5.000.000 € (6.250 € pro kW) |
Jährliche Betriebskosten | 40.000 € (50€/kW) |
Stromgestehungskosten | 0,095 €/kWh |
Energetische Amortisation | ca. 2 Jahre |
Quellen: LfU Bayern, Landeswasserkraftwerke, Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme
Das größte Wasserkraftwerk der Welt befindet sich in China und ist Teil der Drei-Schluchten-Talsperre Pinyin, es erzeugt so viel Strom wie etwa 16 Atomkraftwerke. Das gesamte Bauwerk ist 2,3 Kilometer lang, die Staumauer ist 185 Meter hoch. Der maximale Höhenunterschied zwischen dem oben gelegenen Stausee und dem unten gelegenen Fluss beträgt 113 Meter. Der Stausee ist über 663 Kilometer lang und kann 39,3 Milliarden Kubikmeter Wasser fassen. So kommt er dem Fassungsvolumen des Bodensees mit 48,5 Milliarden Kubikmeter erstaunlich nahe. Mit einer installierten Leistung von 22,5 Gigawatt führt es nicht nur die Bestenliste der Wasserkraftwerke an, sondern ist auch das leistungsstärkste Kraftwerk der Welt. Die Fertigstellung des Wasserkraftwerks hat 15 Jahre gedauert und hat über 75 Milliarden Dollar gekostet. Das zweitgrößte Wasserkraftwerk Itaipu befindet sich zum Teil in Brasilien und zum Teil in Paraguay. Itaipu ist mit 14.000 Megawatt das größte Wasserkraftwerk Südamerikas. Die Staumauer ist 196 Meter hoch, das gesamte Bauwerk erstreckt sich über 170 Kilometer.
Neben Photovoltaik, Windenergie und Biomasse gehört Wasserkraft zu den erneuerbaren Energien. Wasserkraft steht nach Biomasse auf Platz zwei der weltweit meist genutzten Quellen für Ökostrom. Die klimafreundlichen Wasserkraftwerke arbeiten zudem sehr effizient, da sie einen hohen Wirkungsgrad haben. Viele Ökostromanbieter bieten Strom an, der zu 100 Prozent aus Wasserkraftanlagen stammt.
In einem Pumpspeicherkraftwerk wird die Lageenergie von aufgestautem Wasser genutzt, um elektrische Energie zu speichern. Moderne Pumpspeicherkraftwerke erzielen dabei einen Wirkungsgrad von 70 bis 85 Prozent und damit bessere Werte als andere Technologien zur Stromspeicherung. Dazu wird bei erhöhtem Strombedarf Wasser von einem tiefer gelegenen Fluss, See oder künstlichen Stausee in ein höher gelegenes Wasserreservoir gepumpt. Die Pumpen, die das Wasser vom Unterbecken in das Oberbecken befördern, werden in Schwachlastzeiten mit überschüssigem Strom angetrieben. Die beiden Speicherbecken sind durch eine Staumauer getrennt, die bei Bedarf zur Stromerzeugung geöffnet wird. Große Wassermengen werden in das untere Speicherbecken abgelassen, um Turbinen anzutreiben. So kann die im Oberbecken gespeicherte Energie in elektrischen Strom umgewandelt werden. Die Turbinen wiederum treiben Stromgeneratoren an, um die benötigten Strommengen zu erzeugen.
In Deutschland gibt es insgesamt über dreißig Pumpspeicherkraftwerke. Das neueste und leistungsfähigste Pumpspeicherwerk Goldisthal liegt in Thüringen und wird von Vattenfall betrieben. Das im Jahr 2003 fertiggestellte Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal erbringt eine Leistung von 1.060 Megawattstunden und speichert bis zu 8,5 Gigawattstunden Strom. Das Oberbecken des Pumpspeicherkraftwerks Goldisthal wurde künstlich angelegt und fasst knapp zwölf Millionen Kubikmeter Wasser bei einer Fläche von 55 Hektar. Um das Oberbecken zu schaffen, wurde der Berggipfel des Großen Farmdenkopf abgetragen. Das war einer der Gründe, warum die Umweltverbände den Bau heftig kritisierten. Eines der ältesten Pumpspeicherkraftwerke ist das Pumpspeicherkraftwerk Geesthacht an der Elbe. Es wird seit 1958 zur Stromabdeckung zu Spitzenlastzeiten genutzt und ist das größte Pumpspeicherwerk Norddeutschlands. Wie das Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal wird auch das Speicherkraftwerk Geesthacht von Vattenfall betrieben. Mit einer Leistung von 120 Megawattstunden sorgt die Anlage neben den örtlichen Stadtwerken für eine stabile Stromversorgung der Stadt Hamburg. Für die Regulierung des Stromnetzes ergänzen die deutschlandweit über 30 Pumpspeicherkraftwerke die restlichen Kraftwerke. Zudem stellen sie einen wichtigen Baustein im Ausbau der erneuerbaren Energien dar.