Das Bundessozialgericht hat in zwei Fällen darüber entschieden, ob eine Erkrankung als Berufskrankheit gilt. Dabei haben die Richter zum ersten Mal eine psychische Krankheit als möglichen Versicherungsfall für die gesetzliche Unfallversicherung anerkannt.
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass eine Posttraumatische Belastungsstörung bei Rettungssanitätern eine Berufskrankheit sein kann. Das Bundessozialgericht hat zum ersten Mal im Grundsatz eine psychische Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Gerichts hervor (Aktenzeichen: B 2 U 11/20 R). Danach kann eine Posttraumatische Belastungsstörung bei Rettungssanitätern als Berufskrankheit gelten.
Die Bundesrichter hatten über die Klage eines Rettungssanitäters entschieden, der während seiner Einsätze für das Rote Kreuz vielen traumatisierenden Erlebnissen ausgesetzt gewesen war. Dazu zählten unter anderem der Amoklauf in Winnenden und mehrere Suizide. Im Jahr 2016 wurde bei ihm eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert.
Die
gesetzliche Unfallversicherung weigerte sich, die Erkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen. In den Vorinstanzen konnte sich der Kläger zunächst ebenfalls nicht durchsetzen.
Das Landessozialgericht hatte entschieden, dass Rettungssanitäter während ihrer Arbeitszeit zwar einem erhöhten Risiko ausgesetzt seien, mit traumatisierenden Erlebnissen konfrontiert zu werden. Allerdings würden keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorliegen, dass sie ein deutlich erhöhtes Risiko hätten, eine beruflich bedingte PTBS zu entwickeln.
Das Bundessozialgericht urteilte dagegen jetzt, dass eine PTBS bei Rettungssanitätern als sogenannte „Wie-Berufskrankheit“ angesehen werden kann. Damit wird eine Krankheit anerkannt, auch wenn sie nicht in der offiziellen Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt wird.
Allerdings müsse für den verhandelten Einzelfall noch eindeutig entschieden werden, ob beim Kläger tatsächlich eine PTBS vorliege, die auf seine Tätigkeit als Sanitäter zurückgehe. Dazu verwies das Bundessozialgericht den Fall an das Landessozialgericht in Stuttgart zurück.
Hepatitis-Infektion von Feuerwehrmann gilt als Berufskrankheit
In einem anderen Verfahren hat das Bundessozialgericht die Hepatitis-B-Infektion eines Feuerwehrmanns als Berufskrankheit anerkannt (Aktenzeichen: B 2 U 9/21 R).
Der Kläger arbeitete als Wehrführer und Bergretter bei der freiwilligen Feuerwehr. Dabei löschte er Brände, versorgte Verletzte von Verkehrsunfällen und rettete Wanderer, Kletterer oder Gleitschirmflieger aus unwegsamen Gelände an der Mosel.
2017 erkrankte der Mann an Hepatitis B. Er führte die Infektion auf seine Tätigkeit bei der Feuerwehr zurück. Nachdem die Unfallkasse Rheinland-Pfalz seinen Antrag auf Leistungen ablehnte, erkannte das Sozialgericht zunächst auf eine Berufskrankheit. Der Kläger sei bei der Bergrettung erhöhten Infektionsgefahren ausgesetzt gewesen, da ein Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten nicht zu vermeiden gewesen sei.
Das Landessozialgericht wies die Klage jedoch ab. Der Mann sei nicht in dem Maße infektionsgefährdet gewesen wie etwa medizinisches Personal im Gesundheitsdienst.
Das Bundessozialgericht hob diese Entscheidung der Vorinstanz jetzt wieder auf. Der Mann habe mit der Hepatitis-Infektion eine Berufskrankheit erlitten. Er habe in der maßgeblichen Inkubationszeit vier Einsätze absolviert, bei denen er drei Menschen mit unmittelbarem Körperkontakt retten musste.
Es gebe insgesamt keinen Zweifel, dass er einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen sei. Damit eine Berufskrankheit anerkannt werde, müsse auch keine konkrete Infektion nachgewiesen werden, urteilten die Richter. Auch auf eine bestimmte Anzahl von Einsätzen mit Körperkontakt zu verletzten Personen komme es nicht an.
Weiteres Urteil des BSG:
Unfallversicherung: Schüler beim Bahnsurfen gesetzlich versichert