Ein Landwirt half seinem Sohn regelmäßig bei Heu- und Waldarbeiten. Nach einem Zeckenbiss erkrankte er an Borreliose. Die zuständige Berufsgenossenschaft erkannte dies zunächst nicht als Berufskrankheit an – das Sozialgericht München gab dem Mann allerdings recht.
Bei einem Landwirt, der an Borreliose erkrankt ist, erkannte das Sozialgericht München eine Berufskrankheit an. Ein Landwirt, der nach einem Zeckenbiss an Borreliose erkrankt ist, hat Anspruch auf Leistungen der
gesetzlichen Unfallversicherung. Das hat das Sozialgericht München in einem Urteil vom März entschieden (Aktenzeichen: S 1 U 5015/23).
Der Mann half als Rentner an rund 60 Tagen im Jahr im landwirtschaftlichen Betrieb seines Sohnes mit – vor allem bei Wald- und Holzarbeiten sowie der Heuernte. Dabei zog er sich regelmäßig Zeckenbisse zu.
Im Juni 2022 bekam der Landwirt Schmerzen und ging ins Krankenhaus. Nach mehreren Untersuchungen diagnostizierten die Ärzte schließlich eine akute Neuro-Borreliose.
Der Mann beantragte bei der zuständigen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, die Borreliose als
Berufskrankheit anzuerkennen und Leistungen zu zahlen. Die Berufsgenossenschaft weigerte sich jedoch und verwies auf die zeitlich begrenzte Mitarbeit des Landwirts. Dadurch sei er keiner erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen.
Nach Ablehnung des Widerspruchs klagte der Landwirt
Nachdem die Berufsgenossenschaft auch einen Widerspruch des Mannes gegen diese Entscheidung abgelehnt hatte, klagte der Mann. Er argumentierte, dass Zeckenbisse zu seinem beruflichen Alltag gehörten. Privat würde er dagegen zu Fuß und mit dem Fahrrad ausschließlich auf befestigten Wegen unterwegs sein. Einen Garten besitze er nicht, behauptete der Kläger. Im privaten Bereich habe er daher kein erhöhtes Risiko gehabt, von einer Zecke gebissen zu werden.
Das Sozialgericht München gab dem Landwirt recht. Die Borreliose sei als Berufskrankheit (BK 3102) anzuerkennen, urteilten die Richter. Der Mann habe durch seine Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb des Sohnes eine deutlich höhere Ansteckungsgefahr als die Allgemeinbevölkerung gehabt. Der Nachweis eines konkreten Zeckenbisses sei bei einer Borreliose nicht erforderlich, führte das Gericht aus.
Der Mann habe zudem mit Tagebucheinträgen belegen können, dass er im Zeitraum von Mai bis Mitte Juni mehrere Tage im Gras oder Wald gearbeitet habe. Daher sei ein Zeckenbiss bei der Arbeit als Auslöser der Borreliose naheliegend.
Gericht stellte kein erhöhtes Risiko im Privatleben fest
Ein erhöhtes Risiko im privaten Bereich konnte das Gericht dagegen nicht erkennen. Bei einer Überprüfung vor Ort stellte sich zwar heraus, dass ein kleiner Garten zur Wohnung des Landwirtes gehört. Er konnte während der mündlichen Verhandlung jedoch glaubhaft machen, dass er sich fast ausschließlich auf der Terrasse aufhalten würde. In den Garten ginge er nur, wenn seine Lebensgefährtin krank sei und er sich um deren Hasen kümmern müsse.
Das Argument der Berufsgenossenschaft, der Kläger lebe auf dem Land und mit Bayern in einem Risikogebiet, ließen die Münchener Richter ebenfalls nicht gelten. Das würde die Anerkennung von Borreliose als Berufskrankheit in Risikogebieten generell ausschließen, sofern die Versicherten nicht einen konkreten Zeckenbiss während der Arbeit nachweisen könnten.