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19.07.2022 | München | Finanzen

EZB-Zinswende: Raten- und Baukredite teurer, Hoffnung für Sparer*innen

  • Bauzinsen haben sich seit Jahresbeginn fast vervierfacht – 78.831 Euro mehr Zinskosten
  • Tages- und Festgeldkonten werden wieder attraktiver
  • Girokonto: Dispozinsen steigen, Ende der Verwahrentgelte naht
  • Ratenkredite 20 Prozent teurer -  Zinswende läutet Ende der niedrigen Zinsen ein
Am kommenden Donnerstag reagiert die Europäische Zentralbank (EZB) voraussichtlich auf die hohen Inflationsraten im Euroraum und passt erstmals seit elf Jahren die Zinsen an. Weitere geldpolitische Schritte sollen im September folgen. Was das für Verbraucher*innen bedeutet, erläutern vier CHECK24 Finanzexperten aus den Bereichen Baufinanzierung, Geldanlage, Girokonto und Ratenkredite.

Bauzinsen haben sich seit Jahresbeginn fast vervierfacht – 78.831 Euro mehr Zinskosten

„Die Durchschnittszinsen für zehnjährige Baufinanzierungen haben sich ausgehend von 0,8 Prozent zum Jahresstart fast vervierfacht und sind auf über drei Prozent geklettert“, sagt Ingo Foitzik, Geschäftsführer Baufinanzierung bei CHECK24.

„Mit dieser Geschwindigkeit ist ein Anstieg auf vier Prozent bis zum Spätsommer möglich. Allerdings sehen wir nach dem steilen Anstieg im Juni aktuell leichte Zinssenkungen der Banken. In jedem Fall wird sich die durchschnittliche Baufinanzierung bis Ende dieses Jahres um einige Tausend Euro innerhalb der Laufzeit verteuern. Verbraucher*innen mit laufender Finanzierung sollten die Sondertilgung nutzen, um die Restschuld am Laufzeitende möglichst gering zu halten. Außerdem können sie Angebote für Forward-Darlehen prüfen, um sich die heutigen Zinsen für die Zukunft zu sichern.“

Bei einer Baufinanzierung zu einem eff. Zinssatz von 3,0 Prozent für ein Darlehen über 400.000 Euro bedeutet das einen höheren Zinsaufwand von 78.831 Euro bis zum Ende der zehnjährigen Sollzinsbindung. Die monatliche Rate für Haus- oder Wohnungskäufer*innen steigt im Beispielfall um 734 Euro. Bei 4,0 Prozent wären es sogar 114.159 Euro mehr Zinskosten als im Januar 2022.

Tages- und Festgeldkonten werden wieder attraktiver

„Klassische Geldanlagen, wie Tagesgeld- oder Festgeldkonten, werden im Zuge der Zinswende attraktiver werden“, sagt Dr. Moritz Felde, Geschäftsführer Finanzservice bei CHECK24. „Erste Banken haben bereits die Zinsen insbesondere für kurze, aber auch für mittlere Laufzeiten erhöht. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend im Jahresverlauf fortsetzt und möglicherweise beschleunigt. Zweieinhalb Prozent und mehr Zinsen für ein zweijähriges Festgeld könnten bald wieder möglich sein.“

Im aktuellen Umfeld können Sparer*innen die Treppenstrategie nutzen. Hierbei liegt nicht das ganze Sparvermögen auf einem einzigen Festgeldkonto, sondern wird mit unterschiedlichen Laufzeiten auf verschiedene Konten aufgeteilt.
„Flexibilität ist im aktuellen Umfeld wichtig und Sparer*innen sollten nicht ihr ganzes Vermögen in langfristige Anlagen stecken“, sagt Dr. Moritz Felde, Geschäftsführer Finanzservice bei CHECK24.

Girokonto: Dispozinsen steigen, Ende der Verwahrentgelte naht

„Auch die Dispozinsen werden durch die Zinswende steigen, da Banken sich am EZB-Leitzins orientieren“, sagt Christian Nau, Geschäftsführer Girokonto bei CHECK24. „Der aktuelle Durchschnittszins eines Dispos von 9,43 Prozent könnte bis zum Jahresende bei deutlich mehr Instituten zweistellig werden.“

„Gleichzeitig reduzieren viele Banken bereits die Verwahrentgelte auf hohe Guthaben, einige prüfen derzeit sogar die vollständige Abschaffung“, sagt Christian Nau, Geschäftsführer Girokonto bei CHECK24. „Geschäftsbanken müssen geringere Negativzinsen auf ihr Guthaben bei der EZB zahlen. Somit sinkt der Druck, diese Kosten an private Kontoinhaber*innen weiterzugeben.“

Ratenkredite 20 Prozent teurer - Zinswende läutet Ende der niedrigen Zinsen ein

„Zinsen für Ratenkredite sind seit Beginn des Jahres um 20 Prozent gestiegen, da praktisch alle Banken in den vergangenen Monaten ihre Finanzierungsangebote angepasst haben“, sagt Dr. Stefan Eckhardt, Geschäftsführer Kredite bei CHECK24. „Die Zinswende läutet das vorläufige Ende der historisch niedrigen Kreditzinsen ein. Viele Kreditnehmer*innen haben bereits darauf reagiert. In den ersten sechs Monaten des Jahres verzeichnen wir deutlich mehr Kreditanfragen als im Vorjahreszeitraum. Für den weiteren Jahresverlauf erwarten wir einen Anstieg der durchschnittlichen Effektivzinssätze in Richtung der Fünf-Prozent-Marke.“

Wer Anschaffungen für die kommenden Monate plant, sollte sich jetzt noch die vergleichsweise günstigen Kreditzinsen sichern. Nur aus Sorge vor steigenden Zinsen sollten Verbraucher*innen aber keine unnötigen Finanzierungen tätigen. Nicht alle Banken werden ihre Zinsen gleich stark erhöhen, zumal die EZB dieses Jahr noch weitere Leitzinserhöhungen beschließen könnte.

„Wir sehen heute schon, dass die Zinsunterschiede der Banken noch größer werden und damit der Kreditvergleich noch wichtiger wird, um Kosten zu sparen“, sagt Dr. Stefan Eckhardt.
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